Workshop Kabel: Haste mal ne Strippe?

PPVMEDIEN GmbH
2022-02-10 14:13:00 / Musiker News & Infos
Workshop Kabel: Haste mal ne Strippe? - Workshop Kabel: Haste mal ne Strippe?

Für diesem Workshop hat sich unser Autor Mark Schwarzmayr die gängigsten Kabeltypen angeschaut, die im Proberaum zum Einsatz kommen. Wofür sie sich eignen und auf was ihr bei ihrer Verwendung achten müsst, erfahrt ihr hier.

Kabel und Stecker sind für alle Musiker tägliche Begleiter, egal ob im Proberaum, auf der Bühne oder im Studio. Ob Gitarrist, Drummer, Keyboarder, aber auch Bläser oder Sänger – irgendwie muss die eigene Performance hörbar werden und dafür muss alles ins Mischpult, sei es über ein Instrumenten- oder über ein Mikrofonkabel. Zusätzlich wollen unzählige Daten transportiert werden. Was gilt es dabei zu beachten?

Klinke und XLR
Schon im Proberaum sollte man Kabeln hohe Beachtung schenken. Die beiden häufigsten Vertreter sind das Klinkenkabel und das XLR-Kabel. Streng genommen sind die Bezeichnungen ungenau, da Klinke und XLR eigentlich Stecker-
typen sind. Für viele Musiker sind aber letztlich gerade die Anschlüsse entscheidend. Wo liegen die Unterschiede, wo die Gemeinsamkeiten und warum gibt es überhaupt die beiden Varianten?
Erstgenanntes Kabel besitzt einen Klinkenstecker, den es in verschiedenen Durchmessern gibt. In der Musikproduktion ist am häufigsten die Variante mit einem Durchmesser von 6,35 Millimetern (entspricht 1/4 Zoll) anzutreffen, wie sie zum Beispiel bei Gitarrenkabeln Standard sind.
Ebenso häufig im Proberaum zu finden sind Mikrofonkabel mit XLR-Stecker. Egal ob Gesang, Bläser oder Drums – Mikrofone verstärken all diese Schallquellen. Das beste Mikrofon wird euch aber nichts nützen, wenn die Klangqualität buchstäblich auf der „Mikrofon-Strecke” bleibt. Entscheidende Kriterien sind der Leiterquerschnitt und die Anzahl der Litzen. Letztere beeinflusst die Wickel- und Verlegbarkeit des Kabels. Ein robuster Mantel, meist aus PVC und manchmal zusätzlich mit einem Textilgewebe umwickelt, schützt vor mechanischen Einflüssen und sorgt für Langlebigkeit, selbst bei ausgedehnten Tourneen. Der Leiterquerschnitt beeinflusst den Widerstand und die Signalübertragung, auf die ich unten noch näher eingehen werde.
XLR-Kabel haben eine mechanische Verriegelung, die verhindert, dass versehentlich ein Kabel abgezogen wird. Die Qualität dieser Verriegelung, der Stecker und Buchsen ist nicht bei jedem Produkt gleich und jeder langjährige Tontechniker wird schon mehrmals XLR-Kabel erlebt haben, die sich beim Abbau nicht mehr abziehen ließen.

Unterschiedliche Audiosignale
Sowohl Klinken- als auch XLR-Kabel werden im Proberaum hauptsächlich zur Übertragung von analogen Audiosignalen genutzt. In einem Proberaum gibt es meist drei Arten von analogen Audiosignalen: Instrumentensignale, Mikrofonsignale und Lautsprechersignale.
Beginnen wir mit den Signalen, die über Instrumentenkabel übertragen werden. Das betrifft vor allem unsere Helden an den Saiteninstrumenten wie Gitarristen und Basser. Sie stöpseln die Instrumente mit Hilfe eines Klinkenkabels in ihre Effektgeräte oder Pedalboards. An diese Kabel werden hohe Ansprüche gestellt. Ein gewinkelter Stecker sorgt zum Beispiel dafür, dass das Kabel optimal geführt werden kann und kein Stecker vom Instrument absteht. So brechen die Buchsen am Instrument nicht so schnell aus. Die Kabellänge sollte passend sein. Gerade im Proberaum braucht man meist keine „lange Leitung”. Zu schnell verwandelt sich ein langes Kabel in einen Stolperdraht. Ist das Kabel hingegen zu kurz, kann man sich nicht bewegen oder bleibt hängen.
Während der Bewegung wird der Kabelmantel am meisten belastet. Doch auch Temperaturschwankungen, Säuren, Öle und auch der natürliche Alterungsprozess setzen der Ummantelung zu. Eine gute Wickelbarkeit des Mantels erleichtert den Transport und eine effiziente Abschirmung hält euer Signal sauber. Markenkabel im mittleren Preissegment bieten euch diese Eigenschaften und sind daher für den Proberaum sowie auf Bühnen ihr Geld allemal wert.

Kabel fürs Pedalboard
Für das Pedalboard braucht es dann Patchkabel. Hier werden andere Anforderungen gestellt: Die Kabelwege sind viel kürzer, die Anzahl der Steckzyklen weniger zahlreich. Praktisch sind Winkelstecker, da sie Platz auf dem Pedalboard sparen. Außerdem sollte ein Patchkabel einen Fehltritt nicht gleich mit einem Totalausfall quittieren. Wer einen Lötkolben und die nötigen Fähigkeiten besitzt, kann sich aus der Meterware der bekannten Hersteller selbst die passenden Kabel mit den gewünschten Steckern zusammenbauen.

Lautsprecherkabel
Vom Pedalboard geht es in die Amp-Simulation, in den Combo-Amp oder in einen Verstärker bestehend aus Topteil und Box (auch „Stack“ genannt). Bei letzterem lauert noch eine Falle zwischen Verstärker und Box. Zwar findet man hier auch häufig Klinkenbuchsen, es ist aber dringend davon abzuraten, einfach ein Instrumentenkabel zu verwenden. Der Durchmesser dieser Kabel ist zu gering, um die Stromlasten, die euer Amp ausspuckt, sicher zu transportieren. Wer einen Kurzschluss, die Zerstörung von Endstufe und/oder Box oder sogar das Brandrisiko vermeiden will, sollte auf jeden Fall ein eigens für den Einsatzzweck ausgelegtes Lautsprecher-Kabel verwenden.

Kabel für den Keyboarder
Keyboarder haben meist eine umfangreiche Verkabelung: Klinkenkabel für Audio, MIDI und USB für Daten, ein Haufen Kaltgerätekabel und Netzteile für die Stromversorgung des Rigs sowie mehrere Fußpedale. Hier lohnt sich ein gutes Kabelmanagement. Baut das Keyboard-Rig im Proberaum auf und überlegt genau, welche Kabel in welcher Länge wo langlaufen sollen. Mit Kabelbinder aus Klett können Kabel am Keyboardstativ fixiert werden. Passende Farben, schwarze Kabel und schwarzes Stativ, weiße Kabel und weißes Stativ, sorgen für eine aufgeräumte Optik. Eventuell ist ein Pedalboard, auf dem ihr Pedale, eine Mehrfachsteckerleiste und Netzteile montiert eine gute Idee für euren zügigen Auf- und Abbau. Stereoquellen verkabelt man mit zwei symmetrischen Kabeln. Markierungen sind am Steckergehäuse vorhanden. Für jeden Profi-Keyboarder ist es Ehrensache, das eine oder andere Ersatzkabel mit dabei zu haben. Am besten in Griffweite, egal ob im Proberaum oder auf der Bühne. Es kann immer mal was kaputtgehen. Winkelstecker an einer Seite reduzieren das Risiko, dass Buchsen am Keyboard ausbrechen.

MIDI-Kabel und USB-Kabel
Masterkeyboards, Sequenzer oder MIDI-Controller werden über ein fünfpoliges MIDI-Kabel beziehungsweise über USB-Kabel in das Keyboard-Rig eingebunden. Der MIDI-Standard stammt aus den 1980er Jahren. Die fünfpolige MIDI-Buchse ist zwar recht flott, aber keine Datenautobahn. Gerade mal 31,25 kBit gehen über die Leitung, dabei immer nur in eine Richtung. Deswegen findet man auch die unterschiedlichen Buchsentypen MIDI-In, MIDI-Out, MIDI-Thru vor.
Dabei ist das MIDI-Protokoll ausdrücklich nicht an einen bestimmten Kabel- oder Steckertyp gebunden. MIDI via USB wird wohl immer wichtiger werden. Das erlaubt bidirektionale Kommunikation und höhere Datenraten und mehr Kanäle pro Kabel. Mit dem neuen MIDI-Standard 2.0 dürften hier einige interessante Änderungen kommen.
Sowohl MIDI als auch USB-Kabel sind in ihrer maximalen Länge übrigens begrenzt, zumindest wenn man bei der Datensicherheit nichts riskieren möchte. Ohne Repeater oder andere Tricks ist bei USB-Kabeln schnell die Fünf-Meter-Grenze erreicht. Bei MIDI solltet ihr nicht über zehn Meter gehen. Ab 6m gibt es die Möglichkeit das MIDI Signal mittels eines MIDI-Boosters noch zu verstärken So geht kein Ton verloren.

DMX-Kabel
Kein Musiker probt gerne in kaltem Neonlicht. Für die kreative Wohlfühlatmosphäre kann eine kleine Lichtanlage im Proberaum sorgen. Egal, ob nur warmes Weiß oder farbige Akzente im Takt der Musik: Die Lichtanlage wird bequem über das DMX-Protokoll gesteuert. Das ist der Standard, auf den sich die Industrie geeinigt hat (AES/EBU-Norm, aktuelle Version DMX512-A).
Lichtpult und Scheinwerfer sowie Lichteffekte wie beispielsweise Laser, Scanner, Fluter oder Moving Heads, werden mittels DMX-Kabel (Digital Multiplex) verbunden. Diese weisen ein paar Besonderheiten auf. DMX-Kabel sind entsprechend abgeschirmt und verfügen über eine symmetrische Leitung mit einer Impedanz von 110 Ohm. Nach der offiziellen Norm stehen euch 512 Steuerkanäle zur Verfügung, die mit einem fünfpoligen Stecker übertragen werden. Da sie praktisch meist nur dreipolig belegt sind, könnte man auf die Idee kommen ein Mikrofon-XLR-Kabel zu verwenden – eine klare Notlösung, da sowohl Wellenwiderstand, Steuersignal-Grundfrequenz und Verdrillung eines Mikrofonkabels/-Signals anders sind als bei DMX. Es kann funktionieren, aber eine stabile, sichere DMX-Signalübertragung bekommt ihr nur mit ausgewiesenen DMX-Kabeln hin. Merke: Mikrofon mittels Mikrokabel, Lichttechnik mittels DXM-Kabel verkabeln.
Bei einem DMX-Kabel erfolgt die Verlegung umgekehrt zur XLR-Logik im Audiobereich. Hier gibt es am Sender einen „female Plug” (weiblich) und am Empfänger einen „male Plug” (männlich).
Ähnlich wie bei MIDI ist man bei DMX nicht fix an einen Steckertyp gebunden und so ist es nicht verwunderlich, dass immer mehr Hersteller auf ein Ethernet-Kabel (CAT5/6/7) setzen. Checkt also im Vorfeld, welchen Stecker ihr benötigt, um eure Lichtanlage zu steuern.


Mark Schwarzmayr


Eine ausführlichere Version dieses Workshops mit verschiedenen Hintergrundinformationen, beispielsweise zu Kabeln ausgewählter Hersteller und Fachbegriffen, gibt es in SOUNDCHECK Ausgabe 1/2022, die ihr hier im Onlineshop bestellen könnt.


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