Software-Synthesizer basierend auf der FM-Synthese gibt es nicht gerade wenig. Wenn man wie im Falle Tracktion eine weitere Variante auf den Markt bringt, sollte diese das Thema FM weiterbringen. Ob sich die Anschaffung von F.’em lohnt, lest ihr im KEYS-Test.
Mastermind hinter dem F.’em-Synthesizer von Tracktion ist Wolfram Franke, den viele noch als Programmierer und Sounddesigner von Waldorf kennen, der auch bei der Entwicklung des Microwave mit von der Partie war. Das macht natürlich umso neugieriger und schraubt auch meine Erwartungen nach oben. Neben Versionen für Mac und PC bietet Tracktion das Plug-in auch für Linux an, was einige User begrüßen dürften. Die Specs lesen sich vielversprechend, auf jeden Fall gibt es ein schier unerschöpfliches Repertoire an Parametern. Da darf man gespannt sein, wie das alles nun klingt und ob Wolfram Franke da noch eine „bedienbare“ GUI herzaubern konnte.
Programmverwaltung
Wolfram Franke hat sehr viel Wert auf die Programmverwaltung gelegt, und das ist auch gut so. Die Nutzbarkeit komplexer Software-Synthesizer (gilt auch für die Hardware-Kollegen) hängt maßgeblich davon ab, wie schnell man als User/Musiker die richtigen Klangfarben abrufen kann. Da fehlt oftmals die Zeit, 500 und mehr Programme durchzuhören, um den gewünschten Klang zu finden, und flugs verliert man sich in den Weiten des Klangspeicher-Universums. Nicht so beim Tracktion F.’em. Ein Click auf das Folder-Symbol und man erreicht die Programmbibliothek. Hier kann man anhand vieler Kategorien und Tags wie Style, Charakter und sogar Autor die verschiedenen Klangprogamme auflisten lassen. Wünschenswert wäre vielleicht noch die Möglichkeit, Klänge geordnet nach Projekten ablegen zu können. An der Unterseite des Browser-Fenster befinden sich noch fünf Macros für eine globale Hüllkurve und den Effektanteil. Das ist ausgesprochen nützlich, um wichtige Sachen verändern zu können, ohne in die Untermenüs eintauchen zu müssen. Das gilt besonders auch für die Möglichkeit, den Effektanteil auf „0“ zu setzen.
Über verschiedene Tags lassen sich gewünschte Klänge einfach auffinden und abrufen.
Tonerzeugung
Wie der Name es schon sagt, wir haben es hier mit einem FM-Synthesizer zu tun. Da dieser Tonerzeugung das Image anhängt, (zu) schwer zu bedienen zu sein, kommt es maßgeblich auf Aufbau und Struktur an. Und es ist ja auch nicht falsch, dass man einen analogen Synthesizer schneller im Griff hat als die FM-Variante. Zu komplex sind dann doch die Verknüpfungen von Modulatoren und Carriern. Korg hat mit dem Opsix gerade vorgelegt, wie man die Bedienbarkeit optimieren kann. Da der Aufbau des F.’em dann schon sehr komplex ist, war die Bedienoberfläche für Wolfram Franke sicherlich eine der größten Herausforderungen bei diesem Projekt. Ein Klangprogramm, hier Instrument genannt, kann aus bis zu vier Layern bestehen. Jedes dieser Layer ist als eigenständiger FM-Synthesizer mit nicht weniger als jeweils elf (!) Operatoren, einem Arpeggiator, Effekten, zwei Filtern und einer Vielzahl von Modulationsmöglichkeiten zu sehen. Unter den elf Operatoren befinden sich ein Noise-Generator und zwei Sample-Operatoren. Letztere können aus einer mitgelieferten Library als auch mit eigenen Samples bedient werden. Default-mäßig erzeugt der Synth 40 Stimmen, diese können aber auf 256 erhöht werden, wenn die CPU des verwendeten Rechners das mitmacht. Das ist auf jeden Fall schon mal eine Ansage.
Main-Edit-Page und FM-Matrix
Kernstück der Main-Edit-Page ist die FM-Matrix, die die Organisation der elf Operatoren darstellt. Feste Algorithmen gibt es nicht, die Verschaltung ist vollkommen frei wählbar. Oberhalb der Matrix sehen wir die Schaltflächen für Layer 1 bis 4. Gleichbedeutend damit, dass immer nur die Matrix eines Layers dargestellt wird. Zu Beginn sollten wir zum besseren Verständnis nur einen Layer aktiv schalten (per Mute oder per Solo) und das Init-Patch abrufen. Dabei ist nur Operator 8 mit einer Sinussschwingung aktiv, der in den Amplifier geleitet wird. Ergo hören wir einen Sinuston. Die Verbindung wird dabei mittels der Pfeile angezeigt. Das entsprechende Kästchen in der Matrix (OP 8/A) zeigt dann die Lautstärke an. Etwas verwirrend empfand ich die Angabe in Dezibel mit 0,00 als Maximum. Eine „0“ könnte auch gleichbedeutend mit „kein Ton“ sein. Will man weitere Verknüpfungen erzeugen, erfolgt dies durch einen Click auf das entsprechende Kästchen. Will man einen zweiten Carrier, verbindet man den Operator wiederum mit dem Amplifier. Natürlich kann ein Operator auch gleichzeitig Carrier und Modulator sein. Dies ist alles sehr einfach und verschafft einen schnellen Überblick über den gerade gewählten Algorithmus.
Die Main-Edit-Page mit der FM-Matrix besticht mit einer guten Übersicht trotz vieler Parameter.
Operatoren
In der Matrix werden aber nicht nur die Verschaltungen der Operatoren bestimmt, hier können diese synchronisiert (Hard Sync), ein Feedback erzeugt und die Lautstärke in Abhängigkeit der Velocity gesetzt werden. Auf der rechten Seite sind jedem Operator vier Grafiken zugeordnet, die den Zustand des Pitch- und Level-LFO sowie Pitch- und Level-Envelope darstellen. Will man da etwas verändern, reicht ein Klick auf die entsprechende Grafik und man gelangt in das entsprechende Untermenü. Das sieht alles sehr einfach aus und ist auch sehr schlau gemacht, trotzdem muss man entweder per Trial & Error arbeiten oder ergründen, was welche Funktion klanglich bewirkt. Im Prinzip ist FM ganz einfach: Alles hängt von der Lautstärke und der Tonhöhe der Operatoren ab – mehr ist es eigentlich nicht. Links neben der Matrix entdecken wir eine Spalte, die alle Operatoren auflistet. Dort regelt man Ratio und Frequenz des jeweiligen Operators, was leichte bis extreme Klangveränderungen schafft. Will man mehr, dann klickt man auf den gewünschten Operator und gelangt in die Operator-Edit-Page, die für alle der acht „normalen“ Operatoren separat im Aufbau jedoch gleich ist.
Den vollständigen Testbericht lest ihr in der KEYS 12/2021 – die Ausgabe könnt ihr gleich hier im Shop bestellen!
Text: Gerald Dellmann
Fotos: Tracktion