Erstmals zur NAMM 2019 präsentierte der englische Hersteller Solid State Logic das Modell Six als den „ultimativen Desktop-Mixer“. Was dieses erschwingliche Kleinod aus der Edelschmiede SSL tatsächlich bietet und wie es sich in unserem Praxistest schlägt, erfahren Sie in diesem Bericht.
Der sechskanalige Analogmixer SiX bringt den legendären SSL-Sound ins heimische Studio. © Solid State Logic
Seit Mitte der 70er-Jahre arbeitet die Entwicklungsabteilung von Solid State Logic in dem kleinen Städtchen Stonesfield in der Nähe von Oxford, England, an optimaler Studiotechnik zur Aufzeichnung von Audiosignalen. Es hat seinen Grund, warum die meisten großen Studios mit SSL-Mischpulten arbeiten, nur leider sind diese Mischpulte preislich jenseits des Machbaren für alle Home-Recording-Studios. SSL hat dies erkannt und bot erstmals zur NAMM 2019 das Modell Six an, das gespickt ist mit der hochwertigen Technik der großen SSL-Konsolen, aber dennoch in einen Rucksack passt und auch preislich absolut erreichbar ist. Mit dem Modell Six steht nun auch dem Home-Recording-Enthusiasten die Welt des hochwertigen SSL-Sounds zur Verfügung. Welche Features das Six zu bieten hat und ob es sich tatsächlich in der Praxis bewährt, verrät Ihnen unser ausführlicher Testbericht.
Erster Eindruck
Bereits der hochwertige mattschwarze Karton wirkt edel. Auf seinem Deckel verrät ein aufgedrucktes Bild des Six-Mixers bereits den Inhalt. Mittig eingelassen in einen schwarzen Schaumstoffdeckel findet man eine Broschüre über Installationen von großen SSL-Studiokonsolen. Es ist wirklich beeindruckend, was SSL in diesem kleinen Six-Mixer untergebracht hat. Da wurde wirklich jeder Zentimeter genutzt.
Mikrofonvorverstärker
Alle Ein- und Ausgänge des Six-Mixers sind symmetrisch ausgelegt. Einzige Ausnahme ist, aus verständlichen Gründen, die Klinkenbuchse zum Anschluss des Kopfhörers. Wie bei den großen Mischpulten, so beginnen auch beim Six die Monoeingänge ganz links und stehen sowohl als XLR- als auch als 6,3-mm-Klinkenbuchse zur Verfügung. Diese beiden Monokanäle sind jeweils mit zuschaltbarer 48-V-Phantomspeisung und einem zuschaltbaren 75-Hz-High-Pass-Filter (HPF) ausgestattet.
Abhängig von der an die Klinkenbuchse angeschlossenen Signalquelle muss bei Line-Level die Taste „Line“ und bei einem direkt angeschlossenen Instrument, wie zum Beispiel einer E-Akustik-Gitarre oder einem E-Bass, zusätzlich die „Hi-Z“-Taste gedrückt werden. Beide Monokanäle sind jeweils mit einem „Super Analogue Channel“-Mikrofonvorverstärker ausgerüstet, der nach dem Vorbild der großen Duality- und AWS-Konsolen entwickelt wurde. Je nach genutztem Eingang (XLR oder Klinke) kann mit dem „Gain“-Regler nun die Stärke des Vorverstärkers geregelt werden, von +6 bis +72 dB für den XLR-Eingang oder von –3 bis +63 dB für den Klinkeneingang. Wie für SSL typisch, arbeitet der Pre-Amp äußerst rauscharm, selbst bei hoher Signalverstärkung.
Equalizer
Um die Signalverfälschung so gering wie möglich zu halten, kann die EQ-Sektion einfach umgangen werden, indem der EQ-in-Schalter nicht gedrückt wird. Wird der EQ-in-Schalter gedrückt, leuchtet die grüne Kontroll-LED auf und die beiden Regler „HF“ und „LF“ sind aktiviert. Jedem der beiden Regler ist ein Bell-Schalter zur Seite gestellt, mit dem die nach rechts beziehungsweise links offene Kurve in eine glockenähnliche Kurve geändert wird. Dadurch ändern sich die den Reglern zugeteilten Zentralfrequenzen von 60 Hz (LF/Bässe) und 3,5 kHz (HF/Höhen) bei den offenen Kurven auf 200 Hz und 5 kHz bei den Glockenkurven. Ein Trick, den SSL von den großen Konsolen übernommen hat, um mit zwei Reglern eigentlich vier Frequenzbänder/-Charakter zur Verfügung zu haben. Da es sich um eine Anhebung/Absenkung bis maximal ±15 dB der jeweiligen Frequenzen handelt, sollte man Vorsicht bei der Einstellung dieses sehr effektiven EQs walten lassen.
Noch ein Tipp: Durch das Ein- und Ausschalten des EQs über die EQ-in-Taste kann man gut vergleichen, ob die gewünschte Verbesserung des Signals tatsächlich eintrifft.
Kompressor
Wie beim EQ, so lässt sich auch mit dem In-Schalter ein sanft wirkender Kompressor mit einer Ratio von 2:1 aktivieren, dessen Attack-Zeit von 8 bis 30 ms automatisch gesteuert wird. Die Release-Zeit beträgt etwa 300 ms. Geregelt werden kann nur der Einsatzpunkt oder „Threshold“ (= T/HOLD) in einem Bereich von +10 bis -20 dB, ab dem der Kompressor aktiv wird.
Zur optischen Unterstützung der richtigen Einstellung bietet das Six eine dreistellige Ampel-LED. Je nach Stärke der Kompression wird das sogenannte „Make Up Gain“ automatisch ermittelt und das gesamte Signal entsprechend angehoben. Wie beim EQ bereits beschrieben, kann über die In-Taste die gesamte Kompressorsektion umgangen oder aktiviert werden, wodurch ein leichter Vergleich zum Originalsignal möglich ist.
Channel Inserts
Nach EQ und Kompressor und getreu dem Vorbild der großen Konsolen liegt nun am „Channel Insert Send“ das fertige Pre-Fader-Signal des jeweiligen Kanals an, das hier zum Beispiel für eine Aufzeichnung innerhalb einer DAW abgegriffen werden kann. Das Signal des „Channel Insert Return“-Eingangs wird erst aktiviert, wenn die Insert-Taste gedrückt wird und die grüne Kontroll-LED aufleuchtet. Da über den „Channel Insert“-Weg normalerweise externe Signalprozessoren, wie zum Beispiel andere EQs, zusätzliche Kompressoren oder andere Effekte eingeschleift werden, lässt sich über die Insert-Taste sehr gut wieder ein Vorher-Nachher-Vergleich durchführen.
Die Anschlüsse sind in den rückseitigen D25-Buchsen enthalten. Sowohl der Send- als auch der Return-Anschluss sind symmetrisch angelegt. Die genaue Pin-Belegung ist in der Bedienungsanleitung detailliert beschrieben. Sicher gibt es passende „Fan-outs“ bereits im Zubehörhandel.
Stereo Cue Sends
Das SSL Six bietet zwei getrennte Stereo Cue Sends, die normalerweise jeweils an einen Kopfhörerverstärker angeschlossen werden, um für den Künstler seinen speziellen Kopfhörer-Mix zusammenstellen zu können. Die vier 6,3-mm-Klinkenbuchsen befinden sich auf der Rückseite des Six, gleich neben dem Anschluss des Netzgerätes, welcher erfreulicherweise einrastet, sodass er sich nicht mehr versehentlich lösen kann. Sie sind mit der Bezeichnung „F/BACK ST CUES“ gekennzeichnet. Über die On-Schalter mit ihrer grünen Kontroll-LED kann jeder Kanal für die beiden Cue-Ausgänge aktiviert werden, über den „ST CUE 1“- oder „ST CUE 2“-Regler die Lautstärke eingestellt und über den jeweiligen PAN-Regler die Position im Stereobild festgelegt werden.
Beide Cue Sends bekommen das Signal normalerweise vom „Channel Pre-Fade“, „Post-Insert“, können jedoch auch auf „Post Fade“ geschaltet werden – durch den „CUE POST“-Schalter in der „Foldback Master“-Sektion. Um zum Beispiel Hintergrund-Musik in den CUE-Mix zu bekommen, lässt sich CUE 1 mit dem Schalter „ALT“ auch auf einen „Alternativen Externen Input“ legen, der im rechten D25-Ausgang als symmetrischer Anschluss enthalten ist.
Den vollständigen Test lesen Sie in Recording Magazin 5/2019 – die Ausgabe können Sie direkt hier im Shop bestellen.
Text: Michael Hennig