Phönix aus der Asche

PPVMEDIEN GmbH
2020-09-25 10:46:00 / Musiker News & Infos
Phönix aus der Asche - Phönix aus der Asche

Der Schlagzeug- und Tonmeister Simon Phillips gab uns im Interview, in gewohnt freundlicher Bescheidenheit tiefe Einblicke in seine Arbeitsweise am Pult, Aufnahmen in Zeiten der Pandemie und seine Vorstellungen eines guten Schlagzeugmixes.

DH: Derek Sherinian hat gerade mit dir sein neues Studioalbum „The Phoenix“ produziert. Ich hatte bereits die Ehre, mit ihm reden zu dürfen, und kann sagen, dass er voll des Lobes für deine Arbeit war. Kannst du mir ein bisschen genauer erklären, wie deine Rolle in dieser Produktion aussah?

Simon: Ich habe das Album gemischt und auch das Schlagzeug gespielt. Durch die Art wie wir heutzutage Aufnehmen und, naja, Covid, mussten die Künstler die meisten ihrer Takes selber aufnehmen und waren sozusagen ihre eigenen Toningenieure. Meine Aufgabe war es dann diese riesige Menge an Soundfiles mit höchst unterschiedlicher Aufnahmequalität zu sammeln und in einem einheitlichen Projekt zu integrieren. Das macht die Aufgabe des Mischers natürlich nochmal erheblich komplizierter, aber das ist nun mal wie wir heutzutage arbeiten… Es ist auch nicht leicht für Musiker sich selbst in einer Art aufzunehmen, wie das ein echter Fachmann tun würde. Wenn sie z.B. zu einer bestehenden Aufnahme ihren Take aufnehmen, dann wollen sie sich natürlich gut hören. Dabei ist es aber auch wichtig den Input nicht so zu übertreiben, dass du am Ende in der Wellenform nur noch eine gerade Linie hast. Auch die Vorhandenen Spuren so zu mischen, dass das Playback das richtige Spielgefühl erzeugt, kann für den Nicht-Techniker ein echtes Problem darstellen. Für diese Session habe ich den Musikern immer eine stark vorgemischte Version zukommen lassen, bei der sie nur einzelne Fader für Schlagzeug, Bass, Keys, Midi-Fills usw. hatten, damit sie sich nicht mit den Details auseinandersetzen mussten. Und insgesamt finde ich, dass alle einen sehr guten Job gemacht haben.

DH: Haben deine Mitmusiker über die finalisierten Drums aufgenommen?

Simon: Korrekt. Das Festlegen der Arrangements erfolgte komplett im Vorfeld via Midi-Demo, das Schlagzeug war das erste Instrument, dass dann über diese Demotracks aufgenommen wurde. Meine Demoprojekte lege ich normalerweise in 44.1 KHz an, da ich weiß, dass nichts davon bleibt und sie dementsprechend weniger Speicherplatz belegen. Aber wenn ich dann die finale Session anlege, dann nutze ich eine Abtastrate von 96 KHz. Das Drumset klingt so aufgenommen einfach deutlich besser. Selbst wenn es anschließend wieder auf 44.1 oder 48 KHz herunter gerechnet wird. Ich habe einige blinde Vergleiche mit Protools durchgeführt und die hochaufgelösten Aufnahmen klangen immer besser, obwohl sie hinterher auf die gleiche Samplerate herunter gerechnet wurden. Der Unterschied ist natürlich recht subtil, aber er ist groß genug, dass es mich stört, wenn anders gearbeitet wurde.

DH: Wie würdest du den Soundunterschied beschreiben? Hat es etwas mit der Präsenz in den hohen Frequenzen zu tun?

Simon: Nein, es ist eher die Klangtiefe. Die „Dimension“ wenn du so willst. Hast du schon mal eine Vinyl mit der CD der selben Aufnahme verglichen? Es ist auch sehr entscheidend wie und wo die Platte gemastert worden ist. Aber meine Erfahrung zeigt, dass Schallplatten, selbst wenn die Grundlage digital ist, einen klar tieferen und griffigeren Sound haben. Besonders wenn von einer 96KHz Datei gemastert wird.

DH: Es ergibt ja auch Sinn, dass die höhere Auflösung sich auf einem analogen Medium ohne die CD-Format Beschränkungen deutlich klarer niederschlägt, da sie dort auch im vollen Maße abgebildet werden kann. In welcher Bit-Tiefe nimmst du auf?

Simon: Ich nehme mit 24 Bit auf, ich finde, dass eine Bit-Tiefe darüber deutlich weniger Auswirkung auf das Klangergebnis hat. In Protools ist dann die Effektberechnung sowieso in 64 Bit. Ich weiß, dass einige Ingenieure 32 Bit bevorzugen, da sie glauben, dass es die Kompatibilität und Präzision der Plug-Ins erhöht. Aber ich gebe zu, dass ich auch insgesamt nicht vollständig mit der Theorie hinter der Auflösung vertraut bin. Ich möchte vor allem sicherstellen, dass ich am Ende Files zum Master Ingenieur gebe, die in seiner Arbeitsumgebung genauso klingen wie bei mir. Mit 24 Bit und 96 KHz ist auf jeden Fall gewährleistet, dass seine Abhörumgebung keine zusätzlichen Berechnungen anstellen muss. Und zu der Frage wie man allgemein Aufnehmen sollte, lässt sich auch noch anmerken, dass es auch auf die Art der Musik ankommt. Für Jazz und Klassik würde ich sowieso nicht PCM sondern DSD verwenden. Für alle Arten von Aufnahmen, wo wirklich eine Performance aufgenommen, und nicht das typische Overdub-Verfahren genutzt wird, ist DSD einfach wundervoll. DSD hat eine Tiefe und Textur, die die subtilen menschlichen Faktoren wunderbar zur Geltung bringt. Aber natürlich ist das was wir mit Derek gemacht haben Rock’n’Roll, wo die Inputlevel und auch die Musik als ganze gar nicht in diese seichten Dynamikstufen hinabsteigt, bei denen der Effekt wirklich sichtbar wird. Und um nochmal die 96 KHz klarer zu begründen: Ich würde sagen, dass die Abtastrate akustische Instrumente deutlich spürbarer beeinflusst, als Keyboards und E-Gitarren. In diesem Fall Drums und Gesang. Natürlich legt man ein Projekt an, in dem hinterher alle Instrumente zusammen erklingen, und es macht wenig Sinn, E-Gitarren in einem anderen Format aufzunehmen, was dann wieder in die Projektrate hochgerechnet werden muss


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Fotos: Getty Images


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