Mastering: Tipps & Tricks

PPVMEDIEN GmbH
2020-11-14 15:06:00 / Musiker News & Infos
Mastering: Tipps & Tricks - Audio Mastering

Anders als beim Mixdown (Recording Magazin 6/2020) liegt das Augenmerk beim Mastering nicht mehr auf dem Sound einzelner Instrumente oder einer Stimme – es geht um den Gesamteindruck.


Bandmaschinen sind für einen warmen Klang und eine angenehme Sättigung beliebt. Foto: Stefan Noltemeyer

Folgende Aufgaben sind bei einem professionellen Mastering zu erledigen:

1. Der Titel soll im Klang optimiert und perfektioniert werden

Das ist natürlich auch eine subjektive Angelegenheit, denn jeder versteht unter „perfekt“ etwas anderes. Dennoch gibt es sicherlich allgemein gültige Regeln, nach denen der Hörer einen Klang angenehm und schön empfindet. Das ist zum einen die Ausgewogenheit im gesamten hörbaren Klangspektrum des Titels. Es sollten keine Frequenzen dröhnen, scharf oder unangenehm klingen. Außerdem sollten alle Bestandteile des Titels gut hörbar sein und der Gesamtklang „aufgeräumt“, also mit wenigen Überlagerungen, erscheinen.

2. Der Track soll kompatibel für möglichst alle erdenklichen Abhörsituationen sein

Dies ist ein zentrales Anliegen einer Mastering-Session. Nicht selten passiert es, dass ein produzierter Titel im Tonstudio wunderbar klingt, zu Hause oder im Auto jedoch einen ganz anderen Eindruck hinterlässt. Es ist einfach, einen Titel so zu erstellen, dass er unter Produktionsbedingungen gut klingt, aber diesen guten Sound aus dem Studio hinaus in die Welt zu transportieren, ist eine andere Herausforderung.

3. Die Lautheit soll für das jeweilige Genre auf ein angemessenes Niveau gebracht werden

Das Thema Lautheit und Lautheitswahn (Loudness War) ist hinreichend diskutiert. Die Rundfunkanstalten haben mit R128 eine Norm geschaffen, die dieses Thema beendet, aber eben nur für den Airplay. Für alle anderen Anwendungen herrscht nach wie vor „Krieg“. Hier gilt es also, den richtigen Kompromiss zu finden, um einerseits im Vergleich zu anderen Songs gleichen Genres nicht allzu blass beziehungsweise leise zu wirken und andererseits den Sound nicht durch Überkompression und Verzerrungen zu verunstalten.

Analyse des Mixdowns

Zu Beginn jeder Mastering-Session steht die Analyse des Mixdowns. Bevor ich in einen Titel hineinhöre, lasse ich ihn wie ein Konsument auf mich wirken und höre, was mir auffällt. Dabei bemühe ich mich, den Song nicht gleich zu zerlegen, sondern ihn eher emotional zu erfassen. Bei der anschließenden Analyse geht es dann um eine technische Bestandsaufnahme.

1. Ist die Balance der Instrumente zueinander in Ordnung?

Hier geht es um die Frage nach Mixdown-Fehlern. Bis zu einem gewissen Grad ist es möglich, ein einzelnes Instrument, das zu laut ist, ins Playback zurückzuholen. Weitaus schwieriger ist es, ein Instrument oder beispielsweise den Hauptgesang aus einem Gesamtklang zu extrahieren und anzuheben. Wenn ein solches Problem vorliegt, sollte man mit dem Produzenten noch einmal in die Mixdown-Session gehen.

2. Wie ist die Verteilung im Frequenzspektrum?

Bei der Betrachtung des Frequenzspektrums sollte klar sein, dass das menschliche Ohr eine ganz bestimmte Charakteristik aufweist. Es hört keinesfalls alle Frequenzen gleich laut, sondern es ist für den Frequenzbereich zwischen einem und drei kHz besonders empfindlich. Für höhere Frequenzen und vor allem auch für Bässe ist das Ohr erheblich unempfindlicher. Diese Eigenschaft ändert sich mit zunehmender Lautstärke. Je lauter wir hören, umso besser hören wir die oberen Frequenzen und die Tiefen. Vor diesem Hintergrund wird die Frage deutlich: Für welche Anwendung ist der zu masternde Titel gedacht? Wird er eher mit großer Lautstärke oder leise abgespielt werden?

3. Ist der Subbass in Ordnung?

Die tiefen Frequenzen spielen natürlich eine große Rolle bei der technischen Beurteilung und Bearbeitung eines Titels. Es geht um den Bass und die Bassdrum. Überlagern sich Frequenzen, wenn der Bass bestimmte Töne spielt? Sind störende Resonanzen vorhanden? Ist der Subbass angemessen für die Art von Musik? Funktioniert der Gesamtsound auch bei Abhörsystemen, die nicht in der Lage sind, Frequenzen zwischen 40 und 100 Hz angemessen abzubilden?

4. Was passiert im Mittenbereich?

In diesem Frequenzbereich spielt die Musik. Hier ist das Ohr besonders empfindlich. Nahezu alle Instrumente sind mit von der Partie. Es geht um den hörbaren Kick der Bassdrum (etwa ein kHz), die Obertöne des Basses, die Synthesizer, Gitarren, die Snaredrum, die sich gern in den Vordergrund schiebt, und es geht vor allem um die Stimmen. All diese Sounds ringen um Aufmerksamkeit, denn sie verdecken sich teilweise gegenseitig. Sticht hier eine Frequenz besonders heraus, dann wird es unangenehm für die Ohren. Auch hier geht es um die richtige Balance.

5. Sind die Präsenzen angemessen repräsentiert?

Hier geht es um die Obertöne. Die Obertonstruktur von Snaredrum, Gesang, Synths und so weiter formt den Klang des ganzen Werkes. Klingt der Titel stumpf, empfinden wir das als weniger schön und uninteressant. Ist der Frequenzbereich zwischen fünf und zehn kHz zu mächtig, empfinden wir den Klang als kalt, scharf und unangenehm.

6. Was passiert im High-End?

Gemeint ist das sogenannte Top-End, die Frequenzen oberhalb von zehn kHz. Die Hi-Hat ist dabei, die feinen Obertöne der Becken, eventuell der Snaredrum und die leisen High-Ends der Stimmen (je nach Stimmlage). Dieser Frequenzbereich klingt nach Hi-Fi.

7. Wenn wir das vollständige Frequenzspektrum analysiert haben, können wir die Aufmerksamkeit auf die Dynamik des Titels legen

Ist das Verhältnis von Strophen und Refrain okay? Ist das Intro nicht zu leise oder zu laut? Wurde der Titel bereits in der Summe vorbehandelt und ist vielleicht schon limitiert? All diese Faktoren sind auch im Hinblick auf die zu erwartende Anwendung zu betrachten. Handelt es sich um einen Club-Track (EDM), dann sollte der Titel auch bei großer Lautstärke gut funktionieren. Ist der Titel für den Radioeinsatz gedacht, spielen die Stereoauflösung und die Lautheit im Vergleich zu anderen Songs eine Rolle. Ist der Titel fürs Internet gedacht, sollte er gut über Kopfhörer klingen. Natürlich ist es nicht ausgeschlossen, dass der Titel unter atypischen Bedingungen gehört wird. Auch ein Dance-Track sollte natürlich auch gut im Radio klingen, trotzdem sollte man die musikalische Ausrichtung und die damit verbundenen typischen Anwendungen beim Mastern selbstverständlich im Blick behalten.

Den vollständigen Workshop lest ihr in Recording Magazin 1/2021 – die Ausgabe könnt ihr gleich hier im Shop bestellen!


Text: Stefan Noltemeyer


Blog