Studio im Umbruch: Seit mehr als vierzig Jahren produziert Peter Lang im Münchner Artist Studio Musik. Nun möchte er sein Tonstudio übergeben und hat auch schon einen potenziellen Nachfolger gefunden, der verstärkt auf Hip-Hop und Pop setzt. Wir haben das Studio besucht.
Peter Lang (links) und Aleksandar Vasic im Artist Studio München. (Foto: Artist Studio)
Eine versteckte, in eine breite Steinmauer eingelassene Tür öffnet ein freundlich lächelnder junger Mann mit gepflegtem Vollbart. Aleksandar Vasic begrüßt per Handschlag und führt eine alte, schmale Treppe hinab. Nur die weißen Wände und der Lichtschein am unteren Ende erhellen die Stufen schwach.
Studio mit Historie
20 Jahre nach dem Umzug und der Umstellung auf Digitaltechnik steht ein erneuter Umbruch bevor: Der Altmeister zieht sich langsam aus dem Geschäft zurück. Das 1977 von Peter Lang gegründete Artist Studio befindet sich im Untergeschoss des 1893 erbauten Künstlerhauses in München, hat seinen Ursprung aber in der Linprunstraße. Der Umzug fand 2000 statt. „Es war eine furchtbare Baustelle, eine Ruine. Ich musste alles auf meine eigenen Kosten ausbauen“, erinnert sich der 75-jährige gebürtige Ungar. Inneneinrichtung und Akus-tikelemente entwarf und baute er damals selbst. Auch die Kabelwege zog er und verknüpfte das Studio mit dem 410 Quadratmeter großen Festsaal des Künstlerhauses, der sich im ersten Stock befindet.
Bis zu 32 Spuren lassen sich mitschneiden, vier Kameras stellen eine Sichtverbindung her. Das Studio bietet außerdem einen Aufnahmeraum, in dem bis zu 30 Musiker Platz finden, zwei Regien mit Pro-Tools-, Logic- und Cubase-Arbeitsplätzen sowie einen Aufenthaltsraum. Eine außergewöhnliche Beleuchtung, die bestimmt 20 Glühbirnen fasst, erhellt den Aufnahmeraum, dessen Decke herabhängende CDs verzieren. Der Sprecherraum von Regie 2 dient Radio München als Zentrale.
Bildercollagen an den Wänden zeugen von glorreichen Zeiten, in denen Branchengrößen wie Mario Adorf, Ralph Siegel und Rick Baltes im Studio aufnahmen. Doch auch aktuelle Stars wie Daniel Aminati und Joko Winterscheidt gehören zum Kundenkreis. Denn das Artist Studio setzt nicht nur Musikproduktionen, sondern auch Sprachaufnahmen, Filmschnitt und -Postproduktionen, Tonbandüberspielungen und Tonnachbearbeitungen um. Auch Equipment können Tonschaffende hier leihen.
Generationswechsel
Zwei Teammitglieder unterstützen Peter Lang bei seiner Arbeit: Während sich seine Frau Heidi um die Buchhaltung kümmert, übernimmt Tonmeister Aleksandar Vasic Arbeiten wie Recording und Mixing. Der 32-Jährige hat im Februar 2019 als Praktikant im Artist Studio angefangen und war davor 13 Jahre als Tontechniker, Musiker und Komponist selbständig. Durch seine Schwester kam der gebürtige Serbe an einen Aufnahme-Job im Festsaal des Künstlerhauses. „Er hat sofort die Aufnahme der Veranstaltung geführt“, berichtet Peter Lang. Das Großvater-Enkel-Verhältnis der beiden Männer zueinander sowie der große Respekt von Aleksandar Vasic gegenüber Peter Lang, den er mit „Herr Lang“ anspricht, sind deutlich spürbar. „Du sprichst genau wie mein Opa“, sagte Aleksandar Vasic einmal auf Serbisch zu Peter Lang, der als 25-Jähriger für ein paar Jahre in Serbien lebte und die Sprache lernte.
Aleksandar Vasic ist der potenzielle Nachfolger von Peter Lang. Er muss sich aber zunächst in einer dreimonatigen Probezeit als Geschäftsführer beweisen. Geht alles gut, teilt er sich die Geschäftsführung vorerst mit Lang. 2023 könnte Vasic alleiniger Inhaber werden und sich damit einen Traum erfüllen. Er hat große Pläne. Vor allem im Deutsch-Rap sieht er Potenzial: „Wir sind den Amerikanern musikalisch zehn bis 15 Jahre hinterher. Auch wenn Rapper wie Bushido und Azad schon früh angefangen haben, gibt es hier noch keinen krassen, ehrlichen Rap“.
Vasic stand jahrelang als Sänger auf der Bühne und hat gute Kontakte in die Szene, bewegt sich aber auch im Pop- und Reggae-Genre. Seine früheren Kontakte kommen heute zu ihm in das Artist Studio. „Rap ist für mich sehr philosophisch und authentisch. Was heutzutage passiert, ist nicht mehr philosophisch, eher Kitsch“, sagt er, während er an seinem Sweatshirt-Kragen zupft. Trotzdem ist er auch jedem anderen Genre gegenüber aufgeschlossen.
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Text: Christoph Strauß