„Wir sind das Fundament!”

PPVMEDIEN GmbH
2020-08-18 13:05:00 / Musiker News & Infos
„Wir sind das  Fundament!” -

Zu den weltweit am meisten nachgefragten Percussionisten für Studio-Sessions gehört fraglos Lenny Castro. Der Amerikaner, der zum Beispiel auf Platten der Rolling Stones, Red Hot Chili Peppers, Eric Clapton oder auch Toto gespielt hat, gilt als wichtiger Verfechter der Percussion in Rock und Pop. Uli Frost hat ihn interviewt.

Uli: Hi Lenny, wie geht es dir in diesen Tagen? Was fängst du inmitten der Corona-Pandemie mit deiner Zeit an?
Lenny: Hallo Uli. Der Anfang war schon krass. Ich hatte von heute auf morgen keine Live-Gigs mehr! Wir haben uns während des Lockdowns mit Masken und Abstand im Salami Studio getroffen – den alten Devonshire Sound Studios – und exklusiv für Paderborn den Workshop “One Note” aufgenommen, wo ich auch viele Hintergrundgeschichten über Sessions mit Jeff Porcaro erzähle. Das war meine erste Studio-Ses-sion unter Corona-Bedingungen. Ende Mai habe ich dann meine erste Percussion-Zoom-Konferenz bei Drums´n´Percussion Paderborn Digital erleben dürfen.

Wir waren wirklich froh, dass du dabei warst! Es war ja auch für uns etwas völlig Neues.
Ich bin sehr froh, dass Shannon und Du mir geholfen habt, ein Recording-Setup aufzubauen. Jetzt kann ich von zu Hause arbeiten und mache Tracks für Kunden weltweit. Letzte Woche habe ich für Joseph Williams das neue Album hier eingespielt und Overdubs für die Veröffentlichung der DVD mit PiTTi Hecht und mir gemacht.

Inwiefern, glaubst du, wird die Corona-Pandemie bleibende Veränderungen in der Musikszene behalten, selbst wenn Konzerte und Festivals wieder möglich sind?
Keiner weiß, wann der nächste Lockdown kommt. Es gibt keine Sicherheiten! Selbst wenn es wieder Konzerte gibt, werden wir uns darauf einstellen müssen, dass wir nicht mehr die Stadien und Hallen so füllen können wie früher! Wegen den Abstandsregeln und dem zusätzlichen Sicherheitspersonal bleiben die Kosten so hoch, dass Promoter dauerhaft weniger Geld verdienen werden. Also werden auch wir Künstler weniger Geld verdienen. Selbst im Merchandising wird es weniger werden.

Was können Musiker dagegen unternehmen?
Wir müssen einen Weg finden, dass das wir uns im Internet zusätzlich präsentieren und dort kontinuierlich Geld verdienen können. Wir müssen den Menschen wieder beibringen, dass man für Musik im Internet so viel Geld zahlen muss, dass alle, die das Produkt erschaffen haben, auch wieder davon leben können. „Alles für lau“ funktioniert nicht. Luke (Steve Lukather; Anm. d. Red.) hatte mal gesagt, dass die Menschen für ein Album weniger Geld ausgeben als für einen Kaffee bei Starbucks. Heute bekommst Du für einen Stream eines Songs noch nicht einmal einen viertel Cent von Spotify oder Apple. Deshalb werden wir eigene Vertriebsformen entwickeln und selber vertreiben müssen.

Du bis jetzt 63 Jahre alt und hast mit den besten und berühmtesten Künstlern in Pop und Rock zusammengearbeitet. Mit den Stones, Toto, den Red Hot Chili Peppers, Stevie Wonder, Oasis, Eric Clapton, Fleetwood Mac, Joe Bonamassa oder Slash, um nur einige zu nennen… Mit wem hat es dir am allerbesten gefallen und warum?
Ich habe mit allen gerne gearbeitet. Weißt du, ich habe schon mit so vielen arbeiten dürfen und am Ende wurden es Welthits oder Menschen sagen, dass es meisterhaft wäre. Aber! Wenn man solche Tracks einspielt, hat man nicht den Gedanken, dass es solche Hits werden könnten. Man konzentriert sich ganz auf den Song und hat gar keine Zeit, sich diese Gedanken zu machen.
Ich nenne dir ein Beispiel: Ich war im Studio und hatte die Aufnahmen zur Filmmusik von Rush beendet. Ich packte meine Sachen. Im Studio nebenan nahm Eric Clapton “Tears in Heaven” auf. Der Produzent sah mich und fragte mich, ob ich gerade Zeit hätte. Sie hätten ein Problem mit dem Song. Drei Drummer hätten sich schon daran versucht – ich will keine Namen nennen – und es funktionierte nicht. Nun ist “Tears in Heaven” ein sehr emotionaler Song und ich spielte also auf die Schnelle ein wenig Congas, Shaker und Bells dafür ein. Damit hatte sich die Sache.
Oder nimm “Ride like the Wind” von Christopher Cross. Dafür habe ich Congas und einen kleinen Part mit einem Wind eingespielt. Wir sprechen von der Zeit, als noch alles auf Tape aufgenommen wurde. Ich hatte die Session gemacht. Zwei Monate später fahre ich mit meinen Kindern in meinem Volvo auf dem Highway und auf einmal höre ich das Lied im Radio. Ich hätte fast einen Unfall gebaut. Denn sie haben den Song mit mir angefangen und den Part mit dem Wind vorne reingeschnitten. Tape! Von Hand! Kein ProTools – kein „Kopieren und Einfügen“! Viele vergessen, dass wir eine Crew sind und viele am Ende daran Teil haben, dass es so ist, wie es ist. Musiker, Techniker, Engineers et cetera. Du weißt nicht, ob es ein Hit wird.
Nimm “Africa”. Die Plattenfirma wollte den Song nicht. Er wäre auf „Toto IV“ nicht veröffentlicht worden, wenn die Band sich nicht bei der Plattenfirma durchgesetzt hätte. Also: Es geht nur gemeinsam! Wir werden einen grundlegenden Wandel zu Zeiten von Corona auch nur gemeinsam hinbekommen.

Erinnerst du dich noch an deine allererste Aufnahme-Session? Wie ist die gelaufen?
Oh Gott! Das war ein Werbejingle für Pepsi Cola. Emil Richards und Joe Porcaro hatten mir diesen Job vermittelt, als ich gerade neu in der Stadt war…


Der gute Lenny hat, wie wir im weiteren Verlauf des Gesprächs herausfanden, noch viele weiter Anekdoten aus dem Leben eines Studio-Trommlers auf Lager. Die gibt's im vollständigen Interview, das ihr in Ausgabe 5/2020 von DrumHeads!! findet. Bestellen könnt ihr sie hier im PPVMEDIEN-Onlineshop.

Fotos: Rich Mangicaro (1.), Robert Downs (2.)


Blog