Die ersten Akkorde, die ersten Licks – als Gitarrenanfänger reiht sich Erfolgserlebnis an Erfolgserlebnis. Doch je mehr man kann, desto langsamer geht der Fortschritt – und viele bleiben irgendwo stecken, ohne das Level der persönlichen Vorbilder erreicht zu haben. guitar verrät euch vier von sechs Tipps, wie ihr euer Spiel verbessern könnt.
1. Ihr nehmt euch nicht auf
Wir wissen alle, dass Eigen- und Fremdwahrnehmung nicht unbedingt deckungsgleich sein müssen. Während ihr euch selbst für den geborene Stand-Up-Comedian haltet, lachen eure Freunde nur aus Mitleid über eure mittelmäßigen Blondinenwitze. So ähnlich kann es euch auch beim Gitarrespielen ergehen. Beim Gniedeln auf der Bettkante denkt man noch, die Bendings wären on point, der Groove aufs Metronom genagelt und die improvisierten Melodien lieblich wie Sirenengesänge. Wird einem dann allerdings ein Handy-Video geschickt, das jemand bei eurem letzten Gig aufgenommen hat, schämt man sich in Grund und Boden für jede Menge schiefe Töne und ungerade Achtel. Hier heißt es, proaktiv zu handeln – und sich regelmäßig selbst aufzunehmen. In Zeiten von günstigen Interfaces und Gratis-Software wie Garageband gibt es keine Entschuldigung mehr, das nicht zu tun. Nehmt auf, was ihr übt und improvisiert, hört es euch an und versucht es nochmal. Ihr werdet merken, dass ihr so Fehler entdeckt, die euch beim Spielen wegen der eigenen Betriebsblindheit nie aufgefallen wären.
2. Ihr vernachlässigt die Gehörbildung
Zu einem guten Musiker gehört ein gutes Ohr. Allerdings leben wir im Zeitalter bequemer Internet-Tabulaturen, die einem das lästige Raushören abnehmen. Doch genau wie Google Maps dazu führt, dass kein Autofahrer mehr über einen eigenen Orientierungssinn verfügt, führt das Lernen nach vorgefertigten Tabs dazu, dass viele Gitarristen sich keine Songs mehr übers Gehör erschließen können. Und obwohl ich Tabulaturen nicht verdammen will, sollte man sich öfters mal die Arbeit machen, eine neue Nummer einfach nur rauszuhören. Auf lange Sicht macht ihr euch das Leben so nämlich wesentlich leichter. Ihr speichert euch typische Akkordverbindungen, gängige Melodie-Bausteine und wiederkehrende Rhythmuspattern ab und könnt diese dann direkt auf andere Songs übertragen.
3. Ihr begeht den Bendingfehler Nummer 1
Bending ist eine der zentralen Techniken der E-Gitarre, und viel zu viele Spieler scheitern daran. Statt schreienden Tönen hört man bemühtes Hochziehen, das am Ende doch nicht ganz auf die korrekte Tonhöhe kommt. Ich habe mich lange gefragt, woran das liegt – und irgendwann fiel mir auf, dass 90 Prozent der Spieler, die damit Probleme haben, einen und den selben Fehler begehen: Ihre linke Hand wendet die Kraft horizontal statt vertikal an. Damit meine ich: Die Finger drücken die Saite fest aufs Griffbrett (horizontale Kraftanwendung), und mit diesem Druck wird sie nach oben bewegt. Weil diese Schraubstock-Technik ziemlich ineffizient ist, klingen die Bendings so reichlich bemüht und gequält. Die Lösung: Weil Bendings eine vertikale Bewegung sind, sollte auch die Hand die Kraft vertikal anwenden. Statt die Saite frontal aufs Griffbrett zu drücken, sollten die Finger von unten kommen und sie am Griffbrett entlang nach oben bewegen.
4. Euer Vibrato kommt aus den Fingern
Wer auf einer E-Gitarre gut klingen will, braucht ein solides Vibrato. Meistens wird beim Vibrato das oberste Fingerglied samt der Saite auf- und abbewegt. Über diese Bewegung hat man allerdings zu wenig Kontrolle, um sie wirklich gleichmäßig und harmonisch hinzubekommen. Ergo klingt auch das Vibrato zappelig, ungleichmäßig und oft an der gewünschten Tonhöhe vorbei. Dabei sollten sich die Finger bei einem korrekt ausgeführten Vibrato überhaupt nicht bewegen. Stattdessen kommt ein gutes Vibrato aus dem Unterarm. Der Hals wird zwischen Daumen und dem Grundgelenk des Zeigefingers eingeklemmt, der Unterarm vollzieht dann eine schüttelnde Bewegung (stellt euch dabei vor, ihr würdet eure Armbanduhr zurechtschütteln). Über diese Bewegung habt ihr maximale Kontrolle und könnt euer Vibrato so genau nach euren Vorstellungen modellieren – ob es nach Zakk Wylde oder B.B. King klingen soll, ist eure Entscheidung.
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