15 Jahre Recording Magazin – das ist natürlich ein Grund zum Feiern, aber auch Anlass für einen Blick zurück, wie sich die Recording-Welt seitdem entwickelt hat. Aber auch für einen Blick nach vorn, wohin die Reise geht.
Wenn man mit einem Wort zusammenfassen sollte, wie sich die Studio- und Recording-Welt in den letzten 15 Jahren entwickelt hat, würde es „Demokratisierung“ wohl sehr gut treffen. Das scheint übrigens nicht nur fürs Recording, sondern für das Musik-Business insgesamt zuzutreffen. Doch dazu später mehr.
RecMag schließt eine Lücke
Sehr gut kann ich mich heute noch an das erste Recording Magazin erinnern. Wenn auch nicht als Autor, so bin ich aber Leser der ersten Stunde! Entdeckt habe ich es damals nicht durch Zufall, sondern hatte nach den Vorankündigungen schon gespannt darauf gewartet und ich erinnere mich sogar noch, wo ich es seinerzeit bekommen habe: im Zeitschriftenladen am Flughafen Frankfurt.
Warum aber habe ich so gezielt darauf gewartet? Weil es genau in eine echte Lücke stieß, die es damals zu schließen galt: Das Recording Magazin war eben nicht nur ein weniger technisches Magazin mit Testberichten. Der Fokus lag von Anfang an auf der Praxis des Recordings, mit sehr vielen Workshops und so weiter. Übrigens hat das Recording Magazin diese Lücke aus meiner Sicht hervorragend besetzt und tut dies bis heute! Damals wie heute ist eine Frage immer wieder aktuell: Wie wird man überhaupt Produzent?
Learning by doing
Häufig „rutschen“ auch heute noch viele über eine Tätigkeit als Musiker oder Tontechniker eher nebenbei ins Produzieren beziehungsweise Recorden. Auch heute noch ist vieles „learning by doing“. Das ist übrigens auch gut so und wird so bleiben, denn die beste Theorie kann Praxis nicht ersetzen. Musik muss man einfach „machen“, und es zählt letztlich nur, was aus den Lautsprechern kommt. Der nötige theoretische Background über den Weg zum Ziel schadet aber sicher nicht. Doch wo bekommt man den her und wo bekam man ihn in der Vergangenheit her?
Sprechen wir ein bisschen über die Recording-Situation im Jahr 2006. Eine geregelte Ausbildung zum Musikproduzenten gab es damals kaum. Zumindest an kaum einer staatlichen Musikhochschule war diesbezüglich etwas zu finden, bestenfalls gab es Studiengänge wie „Jazz- und Popularmusik“ und die meistens auch eher noch als Aufbaustudiengang auf ein vorangegangenes klassisches Studium.
Musikproduktion lernen?
Inzwischen sind einige Angebote entstanden. Sucht man im Internet in entsprechenden Hochschul- und Studiengangsfindern einmal nach „Musikproduktion“, werden einem immerhin 18 Ergebnisse angezeigt, darunter allerdings auch Studiengänge wie „Motion Design & Management“ oder „Audiovisuelles Publizieren“, die mit Musikproduktion im klassischen Sinne vielleicht eher sekundär zu tun haben. Immerhin, auch Angebote wie „Sound and Music Production“, „Multimedia Composition“ oder schlicht „Music Production“ sind inzwischen darunter zu finden.
Aber auch im Bereich privater Organisationen hat sich in den letzten 15 Jahren viel getan. Nicht nur komplette Vollzeitausbildungen im Bereich des Recordings sind dort zu finden, sondern auch sehr attraktive Fortbildungen und Seminare, die man auch nebenberuflich an Wochenenden besuchen und über die man wunderbar in die Materie hineinkommen kann. Vergleichbares findet man an staatlichen Hochschulen mehr oder weniger gar nicht, hier haben die privaten Institutionen die Nase vorn. Vor allem waren sie auch klar die Pioniere, was solche Angebote in Deutschland angeht.
Auch 2006 gab es derlei bereits. Man musste nicht mehr unbedingt nach Amerika gehen, um dort zu studieren, wenn man im Pop-Rock-Bereich ernsthaft etwas vorhatte, wie es vielleicht noch weitere zehn Jahre vorher tendenziell der Fall war. Allerdings waren 2006 viele solcher Angebote hierzulande noch im Werden begriffen und steckten zumindest noch in den Kinderschuhen.
Mitte der 2000er
Am Start war damals auf jeden Fall schon die berühmte Popakademie Baden-Württemberg in Mannheim. 1996 war vom Südwestdeutschen Rundfunk (SWR) und dem Land Baden-Württemberg die „Rockstiftung Baden-Württemberg“ als Pilotprojekt „zum Zwecke der Förderung der regionalen Musikszene“ gegründet worden. Daraus ging 2003 die Pop-akademie hervor, die heute natürlich zu einer der ersten Adressen Deutschlands zählt. Spätestens ab 2004/5 konnte man dort auch als nicht eingeschriebene Privatperson Seminare zur Fortbildung besuchen – ein super Angebot!
Ebenfalls seit 2005, also einigermaßen zeitgleich, gibt es das „Hofa College“, das aus dem 1988 gegründeten Hofa Tonstudio hervorgegangen ist. Man kann in dem beeindruckenden, zwischen Karlsruhe und Heidelberg an der A5 gelegenen Studiokomplex nicht nur Fortbildungen besuchen, sondern vor allem auch online von zu Hause aus nebenberuflich ein komplettes Fernstudium absolvieren und sich zum Audio-Engineer fortbilden. Das Hofa College versteht sich sogar als die größte Fernschule für Tontechnik und Musikproduktion im deutschsprachigen Raum. Neben einem Diploma kann man dort mittlerweile sogar bis zum Bachelor studieren, das Angebot wurde also kontinuierlich weiterentwickelt.
Vielfältige Angebote
Ein weiteres Beispiel ist die „Akademie Deutsche Pop“ mit Standorten in mittlerweile ganz Deutschland. Die Jahreszahlen muten auch hier ähnlich an: 1989 begann Rüdiger J. Veith, Kompositionsunterricht und Bandcoaching anzubieten. 1994 wurde aus einem Zusammenschluss mehrerer Unternehmen der Musikbranche, darunter auch Veith, die „Music Support Group“. Aus dieser wiederum ging 2004 die „Deutsche Pop“ hervor. Auch dort sind seit 2014 sogar Bachelor-Studiengänge möglich.
Zuvor gab es immerhin schon einzelne Institutionen wie die SAE (ab 1986) in Deutschland, aber im Wesentlichen war es rund um diese Jahre 2004 bis 2006, als sich im Recording-Bereich endlich Ausbildungsmöglichkeiten entwickelten, die es zuvor hier nicht gab.
Die Digital Audio Workstation
Schauen wir etwas technischer in das Recording selbst. DAWs gab es zwar damals auch schon. Nur sprach man noch nicht von der „Digital Audio Workstation“, die heutzutage alles unter einer Oberfläche vereint, eben auch virtuelle Klangerzeuger, sondern gemeinhin war noch vom „Sequencer“ die Rede – ein Programm, das damals eher noch als „Steuerzentrale“ fungierte. Aufgenommen wurde schon auf die Festplatte des Computers, der auch 2006 schon aus kaum einem Studio überhaupt noch wegzudenken war. Entweder nahm man Audiosignale auf oder, wenn man mit MIDI arbeitete, zeichnete man im Sequencer die MIDI-Daten auf, steuerte damit aber vornehmlich externes Equipment (Keyboards, Synthesizer, Expander) an.
Nicht zu vergessen: Tatsächlich hatte Steinberg schon 1996 die „Virtual Studio Technologie“, den VST-Standard, entwickelt. Die Idee, auf PC oder Mac eine komplette, professionelle Studio-umgebung inklusive Instrumenten und Effektprozessoren zu kreieren, war also längst geboren. Der Pioniergeist war da!
Die gesamte Retrospektive anlässlich des 15-jährigen Jubiläums des RecMag lest ihr im Recording Magazin 5/2021!
Text: Christoph Klüh / Foto: Gorodenkoff/Shutterstock.com