Produktiv trotz Pandemie

PPVMEDIEN GmbH
2020-09-01 13:31:00 / Musiker News & Infos
Produktiv trotz Pandemie - Rob Trujillo – Produktiv trotz Pandemie

Ihre letzten Live-Konzerte spielten Metallica vor ziemlich genau einem Jahr. Es waren zwei Shows mit dem San Francisco Symphony Orchestra, deren Mitschnitte jetzt unter dem Titel „S&M2“ veröffentlicht wurden. Die Zeit in der häuslichen Isolation nutzen Metallica indes für die Arbeit an einem neuen Studioalbum. Davon erzählt uns Bassist Rob Trujillo.

Im September 2019 haben Metallica und das San Francisco Symphony Orchestra noch gemeinsam das zwanzigste Jubiläum von „S&M“ zelebriert. Die besten Momente aus ihren zwei Konzerten im Chase Center am 6. und 8. September sind jetzt als „S&M2“ auf diversen Video- und Audio-Formaten erschienen. Erinnerungen an eine Zeit, als monumentale Konzerte noch zum Tagesgeschäft der größten Thrash-Metal-Band der Welt gehörten. Nur wenige Tage nach diesen spektakulären Shows begab sich James Hetfield wegen eines Alkoholrückfalls in eine Entzugsklinik. Geplante Termine der „WorldWired“-Tour in mehreren Erdteilen wurden verschoben. Im März, kaum war der Frontmann wieder einsatzbereit, vereitelte die Corona-Pandemie den Neustart.
Seitdem sind auch die Metal-Giganten im „Homeoffice“ gefangen. Doch wie uns Bassist Rob Trujillo am Telefon erzählt, haben alle Bandmitglieder ihre privaten Stuben inzwischen zu veritablen Homestudios ausgebaut und feilen an einem Konzept, wie sie trotz räumlicher Trennung an einem Strang ziehen können, um ein neues Album zu produzieren.

SC: Hey Rob. Wo bist du im Augenblick?
Rob: Grüß dich! Ich bin gerade in der Nähe von San Francisco in einer Art Ferienhaus, das ich allein bewohne. Die ganze Band ist gerade dabei, unsere jeweiligen Homestudios auf Vordermann zu bringen. In letzter Zeit haben wir Mittel und Wege gesucht, trotz der räumlichen Trennung zusammen Musik für ein neues Album zu schreiben.

SC: Das ist schön zu hören!
Rob: Wir sind alle im Moment sehr produktiv und fokussiert auf das nächste Album. Einerseits suchen wir nach neuen Ideen, andererseits greifen wir auf viele zurück, die wir während der letzten Touren entwickelt haben. Wenn wir unterwegs sind, machen wir zwischen unseren Shows ganz oft Jamsessions. Viele Ideen, besonders von James, die wir für die früheren Alben zu Songs ausgearbeitet haben, stammen aus solchen Sessions. Im Augenblick machen wir eine Bestandsaufnahme dessen, was in den letzten paar Jahren dabei entstanden ist.

SC: Klingt so, als würdet ihr das Beste aus der aktuellen und schwierigen Situation machen.
Rob: Ja, definitiv. Natürlich ist jeder zurzeit unterschiedlich aufgestellt. Ich persönlich bin wohl in einer relativ glücklichen Lage. In Südkalifornien, wo ich zu Hause bin, haben wir es nicht weit zum Strand. Wir haben es uns zur Gewohnheit gemacht, jeden Tag am späten Nachmittag zum Strand zu fahren und surfen zu gehen. Das tut einfach gut. Man ist an der frischen Luft, betätigt sich sportlich, es befreit den Kopf und macht Spaß. Daneben ist unsere häusliche Situation eine richtig kreative Sphäre: Meine Tochter spielt Schlagzeug, mein Sohn schreibt Songs und macht Aufnahmen, meine Frau geht ihrer Arbeit als Künstlerin nach. Wir machen wirklich das Beste draus und bleiben positiv.

SC: Das erscheint mir eine gute Balance aus Entspannung und Produktivität zu sein.
Rob: Finde ich auch. Ich weiß nicht, wie die Situation in Deutschland ist, aber hierzulande gibt es eine recht krasse Teilung zwischen denen, die sich streng an die Corona-Bestimmungen halten, und anderen, die dagegen protestieren. Die Leute auf beiden Seiten ärgern sich über die jeweils andere Seite. Das erzeugt viel Frust. Wir persönlich versuchen uns daher möglichst herauszuhalten. Wir haben uns quasi in unsere kleine „Blase“ zurückgezogen und bemühen uns, optimistisch zu bleiben. Am Ende der ganzen Geschichte stehen dann hoff entlich viele tolle Ergebnisse, vor allem viel neue Musik.

SC: Manchmal kann aus etwas Schlechtem auch etwas Gutes hervorgehen.
Rob: Absolut!

SC: Ist es euch als Band inzwischen wieder möglich, euch an einem Ort zu treffen und zu spielen? Oder sogar ins Studio zu gehen?
Rob: Das ist gerade noch schwierig, aber wir arbeiten darauf hin. Dafür sind natürlich Vorkehrungen nötig – in erster Linie, dass alle Beteiligten sich regelmäßig testen lassen. Das betrifft nicht nur die Bandmitglieder, sondern natürlich auch die Crew oder zum Beispiel Studiomitarbeiter. Aber wir hoffen, dass Zusammenkünfte als Band bald möglich werden.

SC: Da besteht ja auch ein großes Risiko. Wenn sich nach einem Treffen nur ein einziger Verdachtsfall einschleicht, müssten alle in Quarantäne und dann ginge gar nichts mehr.
Rob: Ganz genau! So eine Quarantäne ist im Übrigen auch kein Vergnügen. Deswegen schafft sich jeder so eine kleine Blase der Isolation, solange Ansteckungsgefahr besteht. Bis jetzt wurde in meinem Umfeld zum Glück noch niemand positiv getestet.

SC: Strenge Beschränkungen gibt es ja nun schon seit ein paar Monaten. In dieser ganzen Zeit habt ihr euch bestimmt viele Gedanken gemacht, wie ihr mit eurem Schaffensprozess als Band vorankommt. Wie geht ihr dabei vor?
Rob: Am Anfang war es noch schwierig, weil die Unsicherheit groß war. Wir haben eine Weile gebraucht, bis uns klar wurde, dass die beiden Konzerte, aus denen „S&M2“ hervorging, auf absehbare Zeit unsere letzten waren. Es ist jetzt schön, dass wir mit den Aufnahmen der Show noch etwas für die Fans in der Hinterhand hatten. Wir hatten ja eigentlich weitere Termine für unsere Tour in verschiedenen Erdteilen geplant. Als sich abzeichnete, dass wir für einige Zeit nicht mehr auf die Bühne können, wendeten wir uns anderen Dingen zu. Es begann jeder für sich, die vielen angehäuften Ideen zu sichten und an neuem Material zu werkeln. Dann haben wir mal die Köpfe zusammengesteckt und uns überlegt, dass wir für‘s Erste nach Möglichkeiten suchen sollten, wie wir von zu Hause aus auch gemeinsam an unserer Musik arbeiten können. Jeder von uns betreibt ja irgendeine Form von Homestudio. Wir fingen also an, Material auszutauschen und gegenseitig darauf aufzubauen. Keiner von uns hatte mit dieser Arbeitsweise vorher viel Erfahrung und sie ist für uns immer noch gewöhnungsbedürftig. Aber es geht gut voran...


Weitere Details über die Fortschritte der Band beim Schreiben ihres neuen Albums und Robs Erfahrungsbericht von S&M2 findet ihr in SOUNDCHECK Ausgabe 8-9/2020. Diese könnt ihr gleich hier im PPVMEDIEN-Onlineshop beziehen!

Fotos: Anton Corbijn


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