Die gute Nachricht zuerst: An guten Gitarrenbauern mangelt es uns in der Republik wahrlich nicht. Wer sich eher im südlichen Bereich der Republik umschaut, dem wird der Name Meigel garantiert schon unter die Finger respektive Augen gekommen sein. Und das zurecht, denn der Stefan weiß ganz genau, was eine gute Gitarre ausmacht. Und darauf kommt’s an, oder?
Vorliegen haben wir ein echtes Prachtexemplar seiner SJ-Form mit Cutaway, der aufgrund seines flachen Verlaufes und der soft abgerundeten Form, ein wenig wie eine Mischung aus Maccaferri- und venezianischem Cutaway daherkommt. In jedem Fall bietet er Platz für Ausflüge in die hohen Lagen, der 20. Bund der hohen e-Saite ist mit ein wenig Anstrengung erreichbar. Klar, da hält man sich eher nicht die ganze Zeit auf, aber für einen kleinen Exkurs ist das eine feine Sache. Ebenso darf man die Holzauswahl bezeichnen, denn abseits gängiger Tonhölzer greift Stefan in die Regionalkiste. Den Hals, einteilig inklusive Halsfuß fertigt Stefan aus Mahagoni, für das Kopfplattenfurnier (mit dezentem Perlmutt-Schriftzug), den Steg und das Griffbrett kommt Palisander zum Einsatz, die Decke besteht – na klar–aus Fichte mit einem feinen und geraden Maserungsverlauf. Der Clou, sprich der Griff in die Regionalkiste ist das Holz für Boden und Zargen: Zwetschge. Da kann man nicht nur feine Brände draus destillieren, also aus der Frucht, da kann man auch tolle Gitarren bauen, wenn man es kann.
Jetzt ist so eine Zwetschgenbaum in den meisten Fällen nicht pfeilgerade in den Himmel gewachsen, sondern weist gerne mal die eine oder andere Unregelmäßigkeit auf. Keine Ahnung, ob das Ansporn oder eher Schmerz beim Gitarrenbauer hervorruft, hier scheint es eher ersteres zu sein. Stefan hat den Boden aus drei Teilen gebaut, zwei Zierstreifen aus Palisander unterteilen den Boden in zwei schräg verlaufenden Linien vom Korpusende bis zum Halsansatz. Das Holz bietet dabei nicht nur dank des makellos Hochglanz-Klarlacks eine dreidimensionale Tiefe, in der man sich als Holzbegeisterter in der Tat eine Weile verlieren kann. Boden und Decke werden von mehrlagigen Bindings umrandet, die Zargen dazwischen sind meines Erachtens nach das optische Highlight dieser SJ Cutaway. Stefan hat die Zargen aus einem Holzstück gebogen, dass das dunklere, dezent rötlich schimmernde Kernholz zur Decke hin positioniert, das helle Splintholz bietet einen Wahnsinns-Kontrast dagegen – optisch eine echte Wucht!
Die Verarbeitung ist bei industriell oder in größerem Stil gefertigen Gitarren immer ein Punkt, an dem Fehler passieren können. Klar, verschiedene Menschen tragen ihren Teil zu einem Instrument bei, der eine besser, der andere schlechter. Damit das ganze Instrument am Ende auch wirklich gut ist, müssen die Toleranzen klein sein. Diese Probleme hat jemand wie Stefan Meigel nicht, er hat auch einen anderen Anspruch. Seine Instrumente macht er alleine, jeden Arbeitsschritt, er allein ist verantwortlich für jeden Handgriff. Eine solche Arbeitsweise sorgt für höchste Qualität (wenn der Ausführende es entsprechend drauf hat), bedingt aber auch eine kleinere Stückzahl. Worauf der Verfasser an dieser Stelle hinauswill? Stefan hat hier 100 Prozent abgeliefert, die Lackierung ist tadellos, die Bundstäbchen glänzen und sind penibelst poliert, ihre Bundfüße hat Stefan ausgeklinkt, sie verschwinden invon oben gefrästen Passungen, die an den Griffbrettkanten Material stehen lassen – kein Kratzen, kein Überstehen, sondern direkt wohlfühlen. Passend dazu die kompensierte Stegeinlage und der Sattel aus Knochen, die mit für die Wahnsinns-Saitenlage zuständig sind. Die Intonation gerade in den tiefen Lagen und bei Akkorden mit Leersaiten ist erstklassig. Für die gute Stimmung sorgen übrigens Gotoh SG381 mit einer Übersetzung von 16:1, gekapselt und dauergeschmiert – läuft an dieser Stelle.
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