Hip-Hop-Mastering

PPVMEDIEN GmbH
2018-12-04 16:51:00 / Musiker News & Infos

Nach wie vor ist Hip-Hop sehr populär. Gerade für junge Produzenten und MCs ist dieses Genre ein Thema. Da Hip-Hop-Tracks nicht selten unter „kleinen“ Bedingungen produziert werden, kommt dem Mastering eine besonders wichtige Bedeutung zu.



Wurde bei der Vocal-Aufnahme zu einem Hip-Hop-Track kein hochwertiges Studio-Mikrofon (Großmembran-Kondensator Mikrofon) verwendet, dann ist die hohe Kunst des Masterings gefragt, um beim fertigen Mix den Stimmensound zu optimieren.

Was auch immer man tut, jeder Eingriff verändert den Gesamtklang des Tracks. Mit einer Unterteilung in Mitten-und Seitensignal, kann man vielleicht die Percussion außen verschonen – vorausgesetzt sie sind außerhalb der Mitte positioniert –, wenn man Präsenzen anhebt, um der Stimme zu mehr Glanz zu verhelfen. Allzu oft ist der Sound eines Hip-Hop-Beats allerdings nahezu mono und damit ungeeignet für ein M/S-Mastering. Eine Anhebung von ca. 5 kHz wird auf jeden Fall auch die Snaredrum verstärken, ob man das möchte oder nicht.

In einer normalen Mastering-Session hat man nur Zugriff auf den kompletten Track. Daher wird das Ergebnis nur ein Kompromiss sein, wenn der Beat oder die Stimmen nicht perfekt klingen. Die Sachlage wird an einem sehr häufigen Problem deutlich: Wenn die Hi-Hat im Beat zu dominant geraten ist, die Stimmen jedoch sehr stumpf klingen, dann habe ich im Mastering nur noch geringe Optionen. Da Sowohl die Hi-Hat als auch die Obertöne der Stimme in einem ähnlichen Frequenzbereich liegen (etwa 5-8 kHz), kann ich nicht das eine bearbeiten, ohne das andere mit zu beeinflussen. Entschärft man die Hi-Hat, verliert die Stimmen mit großer Wahrscheinlichkeit noch weiter an Präsenz.

Stem-Mastering

Die Lösung dieses Problems ist das sogenannte Stem-Mastering. Stems sind einzelne Spuren beziehungsweise Spuren-Gruppen, die aus einem fertigen Mixdown extrahiert werden. Ein Stem kann nur die Haupt-Vocal-Spur enthalten, oder die Drums, oder die Synth-Sounds. Im Hip-Hop wird ein Track meist in drei Stems aufgeteilt. Ein Stem beinhaltet den Beat, ein Stem die Haupt-Vocals und in der dritten Stem-Spur finden sich alle weiteren Vocal-Spuren. Diese Konstellation gibt uns beim Mastering viele Möglichkeiten, einen Track zu optimieren. In solch einem Fall nimmt man praktisch drei Masterings vor.

Beat

Zunächst widmet man sich dem Beat. Ein Hip-Hop-Track benötigt auf jeden Fall einen fetten Sub-Bass, den entweder der Bass, die Bassdrum oder eine Kombination von beidem liefert. Mit einem dynamischen Equalizer kann man den entsprechenden Frequenzbereich zwischen 50 und 100 Hz gezielt in den Momenten stärken, in denen er etwas schwach auf der Brust ist.

Die Überlagerung von Bass und Bassdrum kann allerdings auch zu einem Problem in den Subfrequenzen werden, wenn das Ganze zu mächtig wird. Hier kann man selektiv mit einem schmalbandigen Equalizer die entsprechenden Frequenzen reduzieren. Alternativ wird ein selektiv eingesetzter Multiband-Kompressor nur in den Abschnitten eingreifen, in denen die zu starken Überhöhungen reduziert werden sollen.

Der Mittlere Frequenzbereich und die Höhen sollten im Beat mit Vorsicht behandelt werden, denn dieser Frequenzbereich wird benötigt, um Platz für die Stimmen freizulassen. Hilfreich sind Synth-Sounds, die sich in der Stereo-Information, also links und rechts, befinden. Sie geben einen breiten Sound, ohne der Stimme in die Quere zu kommen.
 
Mit einem Trick kann man den Stimmen zu 1-3 dB Headroom im Track verhelfen. Dazu benötigt man einen Multiband-Kompressor, mit einem externen Key-Eingang. Mit solch einem Insert beziehungsweise Plug-In kann man selektiv die mittleren Frequenzen (1.000-5.000 Hz) leicht komprimieren und zwar gesteuert von der Vocal-Spur als Steuersignal. Das führt dazu, dass der entsprechende Frequenzbereich nur dann komprimiert wird, wenn die Stimme aktiv ist. In den Instrumental-Parts kommen die Instrumente wieder in den Vordergrund. Dieses Vorgehen funktioniert sehr gut, zieht aber leider die Snaredrum etwas in Mitleidenschaft, da auch sie in diesem Frequenzbereich spielt.

Hi-Hat

Eine besondere Bedeutung kommt der Hi-Hat zu. Im Trap sind schnelle Hi-Hats stilprägend. Sie lassen den Rhythmus vorantreiben. Allerdings sind sie mit Vorsicht zu genießen, da sie sich gern mit Anteilen der Stimme vermischen und gemeinsam mit den s-Lauten zu einem unschönen Zischen führen können. Hier gilt es, die richtige Balance zu finden. Auch für eine zu scharfe Hi-Hat kann ein De-Esser die richtige Waffe sein. Ein De-Esser ist ein schmalbandiger Kompressor, der selektiv eine kritische Frequenz, die etwa zwischen 5.000 und 12.000 Hz liegt, reduziert. Damit kann man die Hi-Hat auf das richtige Maß reduzieren.

Mit einer Kompression für den kompletten Beat, wird die Musik verdichtet. Der Kompressor für dieses Stem wird wahrscheinlich überwiegend auf die tiefen Frequenzen wirken, weil sie die meiste Energie bzw. den höchsten Pegel mitbringen. Das bedeutet, dass man Sub-Bass verliert, wenn man den Beat stark komprimiert. Inwieweit das sinnvoll ist, ist Ermessenssache. Der Beat an sich sollte allerdings noch nicht zu sehr verdichtet sein, um ein gewisses Maß an Pegel für die Stimmen übrig zu lassen. Das Limiting, also die Bestimmung der letztendlichen Lautheit, kommt erst zum Schluss, wenn alle Stems zusammengeführt werden.

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Text: Stefan Noltemeyer
Foto: Shutterstock


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