Eiskalte Hornisse
Ramp Guitars aus dem Süden der Republik kombinieren auf äußerst attraktive Weise Vintage-Ästhetik mit ureigenen Formen, die sowohl Oldschool-Fans als auch den Liebhabern außergewöhnlicher Designs zusagen dürften. Vorliegend haben wir eine Hornet in Relic-Optik in der Farbvariante Ice Blue Aged. Design und Finish sind definitiv nicht alltäglich. Etwas konservativer – aber nur etwas – geht es bei der Holzauswahl zu. Der Korpus besteht aus einteiligem Korina. Der Hals ist als Maple-Cab-Variante ausgeführt, die Halsstab-Fräsung wird von oben gemacht, das Griffbrett anschließend aufgeleimt. Sowohl Hals als auch Griffbrett bestehen aus Ahorn, die Rückseite des Halses wurde von Gitarrenbaumeister Stefan Meigel quasi nach dem Lackieren wieder entlackt, gealtert und liegt wahnsinnig geschmeidig in der Hand. Meigel baut erstklassige Akustikgitarren unter seinem eigenen Banner, bei Ramp setzt er die gitarrenbauerischen Vorstellungen von Ramp-Kopf Stephan Zahm um, der für Design und Konzeption verantwortlich zeichnet. Der Korpus der Hornet ist ein Zahm-eigenes Design, ergonomisch konturiert und perfekt ausbalanciert – sowohl auf dem Oberschenkel, als auch um den Hals, die Hornet hängt tight am Gurt. Ungeachtet der nicht bestreitbaren Vintage-Ästhetik ist die Bespielbarkeit, hier ganz konkret der Zugang bis zum 22. Bund, an modernen Bedürfnissen orientiert. Der Cutaway setzt am 19. Bund an, bietet also ordentlich Bewegungsspielraum. Zum angenehmen Spielgefühl tragen auch die ergonomischen Korpusshapings bei, sowohl der Knödelfriedhof als auch der Unterarm der Anschlaghand dürfen sich entspannt an die Hornet schmiegen – läuft! Die Kopfplatte haben Stephan und Stefan gewinkelt ausgeführt, sie ist nicht angesetzt, die Holzfaser läuft also komplett durch. Durch den Winkel kann an dieser Stelle auf einen Saitenniederhalter verzichtet werden, der Druck der Saiten auf den Sattel ist dergestalt völlig ausreichend. Als Saitenmaterial kommt Knochen zum Einsatz (Marcel, passt. Oder?) Vintage-Mechaniken von Kluson agieren gewohnt stimmig, sowohl in mechanischer als auch in optischer Hinsicht. 22 kräftige Bünde, durchaus im Jumbo-Format ergänzen sich perfekt mit dem angenehm vollen D-Profil des Halses und dem 9,5“-Radius des Griffbretts. Man hat gut was in der Hand, ohne dass es klobig wirkt. Freilich, das ist immer eine Sache des persönlichen Geschmacks, dem Verfasser taugt es hervorragend.
Make It Vintage!
Dezente Dots in Griffbrett (Abalone) und Flanke sorgen für klare Orientierung. Den schwungvollen und ergonomischen Übergang des Halses in den Korpus hat Meigel coolerweise nicht nur mit der Halstasche realisiert, sondern auch dem Halsfuß richtig Schneid verpasst – schaut tierisch aus! Details wie diese sind es, die ein solches Instrument aus der Masse der heute zur Verfügung stehenden Instrumente herauszuheben vermögen – Klasse und Individualität eben. Passend zum Vintage-Touch ist auch das Schlagbrett in Perlmutt-Optik mit hellbraun-cremefarbenem Einschlag gehalten – Hammer, vor allem in Kombination mit der Callaham-Hardtail-Bridge mit String-Through-Saitenführung. Gehalten werden die Ball-Ends der Saiten in rückseitigen Einschlaghülsen, das kennt man von der Tele oder auch modernen Heavy-Ästen in ESP- oder Schecter-Manier. Die Saitenreiter der Callaham-Bridge bestehen aus kompensierten Messing-reitern, die den paarweise darüber geführten Saiten eine gehörige Portion Hilfestellung in Sachen Intonation angedeihen lassen. Ich übersetz’ das mal eben: Akkorde und Doublestops sind hier auch oberhalb des 7. Bundes in tune. Das knackige Attack dieser Brücken- und Reiter-Kombination bleibt aber bestehen. Attack und Biss sind dann auch die ersten Attribute, die im akustischen Betrieb auffallen. Die Hornet liefert eine klare Saitentrennung, die Betonung der oberen Mitten ist ein klarer Botschafter, wohin die Reise am Amp geht, wenn man hier EQ-technisch nicht in eine völlig andere Richtung abbiegt. Als Pickups kommen zwei Amper O-Tone ’59 zum Einsatz. Dabei handelt es sich zwei ungewachste Humbucker, die „59“ signalisiert hier klar den PAF-Doppelspuler dieses legendären Jahrgangs als Zielvorgabe. Nun klingt nicht jeder PAF gleich, war ja reine Handarbeit und mit größeren Toleranzen in der Fertigung, noch dazu haben wohl die wenigsten jemals einen echten PAF in seinem natürlichen Umfeld erleben dürfen.
Wie die Gitarre klingt und das Fazit könnt ihr in guitar 1/22 nachlesen:
https://ppvmedien.de/Guitar-01-2022-Printausgabe-oder-E-Paper
Text: Stephan Hildebrand
Bilder: Bruno Wolf