Gitarre ist eine Lebenseinstellung

PPVMEDIEN GmbH
2019-02-20 11:40:00 / Musiker News & Infos



Normalerweise sind E-Mail-Interviews für einen Musikjournalisten ein Ärgernis. Das Format lässt keinen Raum für Spontaneität, und so ist man oft nur Übersetzer von polierten Antworten. Im Falle von Jason Becker liegt die Sache jedoch anders. Der Kalifornier, der in den späten Achtzigern drauf und dran war, die Gitarrenwelt im Sturm zu erobern, kann nämlich nicht mehr spielen oder sprechen. Schuld daran ist die degenerative Nervenkrankheit ALS, die 1989 bei ihm diagnostiziert wurde – mitten in den Aufnahmen zum David-Lee-Roth-Album A Little Ain’t Enough.

Heute sitzt er wegen des unheilbaren Leidens, das vor allem durch Stephen Hawking einer breiten Öffentlichkeit bekannt wurde, gelähmt im Rollstuhl. Bewegen kann er nur noch seine Augen, jegliche Kommunikation läuft daher über eine spezielle Buchstabentafel. Mit ihrer Hilfe kann er jedoch nicht nur immer noch Musik machen, sondern auch unsere Interviewfragen beantworten.

Triumphant Hearts ist deine erste Veröffentlichung seit 2012. Wie sah die Arbeit daran aus? Konntest du dank deiner technologischen Hilfsmittel alleine komponieren und arrangieren?

Jason Becker: Ich habe daran sechs Jahre gearbeitet – auch wenn ich einiges schon geschrieben hatte, als ich jünger war. Eye-Reading-Technologie funktioniert für mich nicht. Zumindest nicht das letzte Mal, als ich es ausprobiert habe. Daher kann ich nicht wirklich an irgendetwas alleine arbeiten. Ich benutze das Augensprachesystem, das mein Vater erfunden hat, um meinen Leuten zu sagen, was sie zu tun haben. Es ist zeitintensiv, aber schneller als jede andere Methode.

Das Komponieren beginnt meistens in meinem Kopf, während ich im Bett liege. Manchmal kommen eine Melodie oder Akkorde einfach aus dem Nichts. Dann bitte ich meistens meinen Vater, ein paar Akkorde zu spielen. Er oder ein anderer Pfleger geben dann die Noten in Logic auf dem Computer ein. Das braucht Zeit, aber ich weiß, was ich tue. Das Ziel ist klar, und ich weiß, wie ich dorthin komme. Ich habe sehr gute Samples und kann damit jedes Instrument simulieren. Von da aus arbeite ich weiter. Oder ich benutze eine alte Aufnahme aus den Zeiten, als ich noch spielen konnte. Aber in jedem Fall versuche ich dann, verschiedene Layer übereinanderzulegen und unterschiedliche Timings, Phrasierungen und Instrumente auszuprobieren.

Unser komplettes Interview mit Jason Becker könnt ihr in guitar 2/19 nachlesen - direkt bei uns im Shop bestellen!

Text: Michael Wagner
Foto: Paul Haggard


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