Ein Glückspilz und Golfspieler auf dem Mond

PPVMEDIEN GmbH
2019-01-16 12:27:00 / Luftfahrt News & Infos

Der amerikanische Astronaut Alan Shepard (1923 bis 1998) kann als Beispiel dafür gelten, sich durch Rückschläge nicht entmutigen zu lassen und ein selbstgesetztes Ziel nie aus den Augen zu verlieren. Der junge Alan war ein aufgeweckter Schüler und konnte zweimal eine Klasse überspringen. Ein zufälliger Besuch bei einem nahen Flugplatz weckte in ihm die Sehnsucht, Pilot zu werden. Zu Weihnachten 1938 wünschte sich Alan einen Flug in einer DC-3. Wann immer er konnte, radelte er dann zum Flugplatz und verdiente sich mit Hilfsarbeiten das Geld für einige Flugstunden. Nach der Schule wollte er eigentlich in der Navy Pilot werden. Doch 1940 war abzusehen, dass es Krieg geben würde und mit 16 Jahren war Alan Shepard zu jung für die Flugausbildung.  Die Marine sandte ihn stattdessen zur Academy, wo ihm beim Aufnahmetest ein IQ von 145 bescheinigt wurde. Mit einem Bachelor-Grad wurde Shepard 1944 nicht wie erhofft zu den Marinefliegern, sondern auf ein Kriegsschiff versetzt. Enttäuscht, aber ohne zu murren versah er seinen Dienst als Seemann im Pazifik. Als Verantwortlicher für die Flugabwehr an Bord eines Zerstörers musste sich Shepard einiger Kamikaze-Angriffe erwehren.

Nach Kriegsende konnte Shepard endlich seine Versetzung zur Flugausbildung durchsetzen. Sein erster Einsatzverband bestand hauptsächlich aus Neulingen, die an Bord eines Flugzeugträgers in den Pazifik ausliefen. Shepard war der einzige der neuen Flieger, der die Erlaubnis zu Nachtflügen erhielt. Er galt unter den Kameraden als trinkfest und war wegen seines manchmal schwer zu ertragenden Humors bekannt. Seine Flugkünste brachten ihn 1950 zur Testpilotenschule der Navy, wo er bald selbst als Ausbilder arbeitete. Nachdem er einen Looping um eine Brücke geflogen und andere verbotene „Kunststücke“ gezeigt hatte, wäre er beinahe verurteilt worden. Nur die Fürsprache seiner Vorgesetzten ließ ihn Testpilot bleiben.

alan shepard 1961

Nach dem Start des sowjetischen Satelliten Sputnik im Oktober 1957 entschied die neu gegründete NASA im November 1958, Astronauten für ein Raumfahrtprogramm zu rekrutieren. 110 Testpiloten wurden als Kandidaten eingeladen, unter ihnen Alan Shepard. Nachdem man den Bewerbern das Projekt mit der Mercury-Kapsel erläutert hatte, waren etliche Testpiloten enttäuscht. Sich in einer Blechdose irgendwo hin schießen zu lassen, erschien ihnen unter der Würde eines Piloten. Nicht so Shepard, er diskutierte mit seinen drei Freunden von der Testpilotenschule, Jim Lovell, Pete Conrad und Walter Schirra – alle waren begeistert (und würden später tatsächlich Astronauten werden). 69 eingeladene Piloten bewarben sich um den Posten als Astronaut – sieben inklusive Shepard wurden ausgewählt.

Am 19. Januar 1961 fiel die Entscheidung: In der ersten amerikanischen Kapsel, die in den Weltraum geschossen wird, sitzt Alan Shepard. Damals sah es so aus, als wäre Shepard damit der erste Mensch im Weltall. Alan war begeistert. Doch Juri Gagarin kam ihm am 12. April 1961 in einem sowjetischen Raumschiff zuvor. Als Shepard während einer Pressekonferenz davon erfuhr, schlug er vor Wut mit der Faust so hart auf den Tisch, dass die Platte beinahe zerbrochen wäre. Sein Flug fand dann am 5. Mai statt. Eine Rakete beförderte ihn in der Mercury-Kapsel nicht in eine Umlaufbahn, sondern auf eine bogenförmige Flugbahn, die nach 15 Minuten im Atlantik endete. Als gefeierter Held und wohl der technisch versierteste unter den inzwischen 16 Astronauten sollte Shepard auch den ersten Flug mit der neuen Zweimann-Kapsel Gemini unternehmen.

alan shepard in der mercury-kapsel

Doch seine Astronautenkarriere endete abrupt. 1963 begannen gesundheitliche Probleme. Alan Shepard wurde ständig übel, er musste sich erbrechen, er verlor dazu sein Gleichgewicht und taumelte wie ein Betrunkener. Eine Krankheit im Innenohr wurde diagnostiziert. Shepard verlor seine Pilotenzulassung und sollte das Astronautencorps verlassen. Für ich brach eine Welt zusammen. Alles, was er geliebt und wofür er hart gearbeitet hatte, war verloren. Sein Astronauten-Kollege Deke Slayton hatte ein ähnliches Schicksal erlitten, allerdings bevor er einmal ins All fliegen konnte. Bei ihm wurde ein Herzfehler festgestellt. Er hatte deswegen die Leitung der Astronautenausbildung übernommen, um weiter bei seinen Kameraden sein zu können. Er bot Shepard den Posten seines Stellvertreters an. Niedergeschlagen willigte Shepard ein. Seine Enttäuschung äußerte sich in einer unnachgiebigen Haltung den Astronauten gegenüber, wenn es um die Erreichung des geforderten Ausbildungsstandes ging. Shepard erhielt den Spitznamen „der eisige Kommandant“. Während seine Kameraden sich auf ihre Raumflüge vorbereiteten und dabei waren, auf dem Mond zu landen, versuchte sich Shepard nebenbei als Geschäftsmann. Bei einem zufälligen Besuch eines kleinen Einkaufszentrums hatte sich seine Frau begeistert geäußert, wie schön es doch sei, unabhängig vom Wetter in Ruhe zu bummeln. Darauf begann Shepard Einkaufszentren zu konzipieren und  bauen zu lassen und wurde so der erste Millionär unter den Astronauten. Heimlich suchte er immer wieder Ärzte auf und hoffte auf eine Gesundung, damit er wieder fliegen und vielleicht sogar Astronaut werden könne. Auf einen Hinweis eines Freundes ließ er sich Anfang 1969 nach einer neuen Methode am Ohr operieren. Schon nach wenigen Tagen waren seine Krankheitssymptome verschwunden.

Shepard ließ sich von den Ärzten der NASA untersuchen und bekam seine Fluglizenz zurück. Er war glücklich – aber Alan wollte mehr. Er trainierte hart und bald zeigten ihn weitergehende Test als tauglich für einen Raumflug. Er war der am längsten aktive Astronaut im Team und zur Überraschung (und Ärger) der jüngeren setzte ihn Deke Slayton als Kommandant der nächstmöglichen Mission Apollo 13 ein. Niemand lernte so hart wie Shepard, doch die Manager der NASA wandten sich gegen den Plan. Er würde noch mehr beweisen müssen, dass er fähig war, eine Landefähre auf den Mond zu bringen. Bei der Mission würde Shepard 47 Jahre alt sein, damit der einzige Großvater unter den Astronauten. Sein Flug wurde auf Apollo 14 verschoben. Damit saß der Glückspilz nicht in der Katastrophenkapsel von Apollo 13, deren Besatzung nach einer Explosion nicht auf dem Mond landen konnte.

Doch auch Shepards Mondflug blieb nicht ohne spannende Augenblicke. Beim Landeanflug auf den Mond fiel das Radar an Bord der Mondfähre aus. Bei Unterschreiten einer gewissen Höhe, musste die Landung ohne Radar abgebrochen werden. Shepard wäre nicht bis zur Mondoberfläche gekommen. Sein Copilot Edgar Mitchell machte Shepard darauf aufmerksam, dass das Radar keine Werte ausgab, doch Shepard schaute weiter aus dem Fenster der Mondfähre auf die Landezone. Im letzten Augenblick fing das Radar an zu arbeiten. Nach dem Aufsetzen auf dem Mond fragte Mitchell seinen Kommandanten, ob der auch ohne Radar gelandet wäre. Shepard lächelte vieldeutig: „Das wirst Du nie erfahren!“ Alle, die ihn kannten, glauben zu wissen, dass sich Alan Shepard nicht 1000 Meter über dem Mond hätte stoppen lassen. Shepard Fähigkeiten werden dadurch unterstrichen, dass er die genaueste Landung aller Apollomissionen vollbrachte, als er seine Mondfähre nur wenige Meter von angepeilten Zielpunkt aufsetzte.

alan shepard apollo 14 auf dem mond

Kurz bevor die Besatzung nach getaner Arbeit auf der Mondoberfläche wieder in die Landefähre zurückklettern sollte, holte Shepard ein spezielles Mitbringsel aus der Werkzeugtasche. Alle Astronauten durften einige persönliche Gegenstände mit zum Mond nehmen. Shepard hatte sich für das Eisen eines Golfschlägers und zwei Bälle entschieden. Bei seinen geschäftlichen Treffen hatte er seine Leidenschaft für das Golfen entdeckt. Nun nahm er den langen Stab eines Greifers zum Sammeln von Steinen und schraubte das Golfeisen daran. Er ließ die Bälle fallen und musste, da der Raumanzug nicht flexibel genug war, einhändig nach den Bällen schlagen. Beim zweiten Versuch traf er richtig und der Ball flog wegen der geringen Mondschwerkraft mehrere hundert Meter weit in einen Krater.

Nach der Rückkehr zur Erde arbeitet Shephard noch einige Jahre im Astronautenbüro und zog sich 1974 erst ins Geschäftsleben und dann in den Ruhestand zurück. Wann immer er offizielle Astronautentermine wahrnahm, hatte er seine zwei Kinder mitgenommen, als einziger im Astronautencorps und tat dies dann auch mit seinen sechs Enkelkindern. Shepard übernahm in Erinnerung an sein Ohrenleiden die Patenschaft für eine Schule für gehörlose Kinder. Alan Shepard starb am 21. Juli 1998 an Krebs, seine Frau Louise einen Monat später. Die Asche der beiden wurde auf ihren Wunsch hin zusammen von einem Hubschrauber aus in der kleinen Pazifikbucht nahe ihrem Haus und dem Lieblings-Golfplatz von Shepard verstreut.

 

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Die ganze spannende Geschichte der Flüge zum Mond finden Sie ausführlich in einer Artikelserie der FliegerRevue mit vielen Bildern und Anekdoten.

 

Fotos: NASA


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