So banal wie es klingt: ein großer Vorteil bei einer Singer/Songwriteraufnahme besteht darin, dass man es erstmal nur mit einer Person zu tun hat. Gleichzeitig liegt die Herausforderung darin, die Performance tontechnisch so einzufangen, dass sie groß und nicht eindimensional klingt. Die Erwartungshaltung an den Auftritt dieses Musikers ist also sehr hoch, da er Gesang und Gitarrenspiel meist gleichzeitig vorträgt und diese oft ohne weitere Instrumente zu hören sind. Doch beginnen wir zunächst mit den Vorbereitungen der Session...
#1 Die Optimierung des Aufnahmeraums
Auch wenn ihr über kein High-End-Studio mit teuren Akustik-Elementen und umfangreichen Equipment verfügt, könnt ihr erstklassige Aufnahmen erzielen. Die wichtigsten Aspekte einer hervorragenden Produktion sind die Aufnahmeraumqualität, die Performance des Musikers und die sinnvolle Mikrofonierung der Signalquellen.
Auch Bücherregale oder Couches in Räumen mit bestenfalls nicht parallelen Wänden (zum Beispiel in einem Spitzdach im Dachboden) können einen herausragend gut klingenden Aufnahmeraum kreieren. Das Weltklang Studio setzt beispielsweise auf einfache Mittel wie Bücherregale zur Diffusion und Absorption. Am besten lasst ihr den Musiker seinen Song während der Soundcheck-Phase an unterschiedlichen Positionen im Raum spielen. Dabei hört ihr ihm analytisch zu und überprüft, wo der beste Aufnahme-Spot ist und wo eine Mikrofonierung Sinn macht. Kaum ein Engineer ist gelernter Akustiker und kann etwa Raum-Spots mit erhöhtem Bass- oder Höhenanteil errechnen. Man verlässt sich auf sein Gehör. Dieses lässt sich nur durch Erfahrungen schulen. Seid darüber hinaus auch vor allem experimentierfreudig. Wenn ihr euch Gedanken zur Soundvorstellung gemacht habt, versucht, den Raum diesen entsprechend auszuwählen. Vielleicht wäre eine Aufnahme in einem großen Lagerraum oder gar in einem engen Flur oder sogar im Badezimmer sinnvoll. Natürlich sollte sich auch der Musiker in der Örtlichkeit wohlfühlen und nicht gezwungen sein, in einer verstaubten Abstellkammer singen zu müssen.
#2 Equipment-Funktionen im Vorfeld checken
Checkt unbedingt mindestens einen Tag vor der Recording-Session das Equipment, das ihr nutzen wollt. Dazu zählen die Mikros, Stative, Kabel, Kanalzüge des Interfaces oder des Mischpults und natürlich den Computer (oder ein anderes Aufnahmemedium). Alles sollte funktionieren.
Im besten Fall habt ihr die Session schon in eurer DAW angelegt und euch im Vorfeld mit Sänger/in über den groben Rahmen der Aufnahmesession ausgetauscht. Dabei solltet ihr folgende Fragen klären:
- Möchte er/sie im Stehen oder im Sitzen spielen?
- Bringt er/sie selbst eine Gitarre mit? Vergewissert euch, dass diese in einem guten Zustand ist mit einigermaßen frischen Saiten!
- Welche Mikros habt ihr zur Verfügung?
#3 Die Performance perfektionieren
Bevor ihr euch mit dem Musiker zu einer Recording-Session verabredet, solltet ihr euch vorher zu einer Probe treffen, bei der ihr euch ein genaueres Bild vom Song und von der Performance-Qualität des Singer-/Songwriters machen könnt. Es ist ärgerlich und nervenaufreibend, wenn ein Musiker die aufzunehmende Musik noch nicht beherrscht und viele Fehler passieren.
Macht ihn bei dieser Probe im Vorfeld darauf aufmerksam, dass er den Song noch etwas mehr üben müsse. Seid dabei freundlich und weist ihn darauf hin, dass sich die Kosten für ihn erhöhen, wenn man länger als erwartet aufnehmen und hinterher umfangreich Fehler editieren muss. Der Künstler sollte den Text und die Begleitung auswendig draufhaben. Je besser er vorbereitet ist, desto mehr kann man den Details wie Emotionen und Intonation in der Session Aufmerksamkeit schenken.
Am Aufnahmetag ist es maßgeblich eure Aufgabe, eine gute Arbeitsstimmung zu erzeugen. Versucht, im Rahmen des Möglichen, den Aufnahmeraum für den Musiker in eine passende Location zu verwandeln. Haltet den Raum sauber und aufgeräumt und kümmert euch um eine schöne und flexible Beleuchtung (mehrere Stehlampen, die man eventuell ausschalten kann). Seid darüber hinaus in guter Stimmung und ein angenehmer Arbeitskollege. Ihr braucht nicht den Pausenclown zu spielen, doch haltet euch an die Tugenden Hilfsbereitschaft, Ruhe, Freundlichkeit und lösungsorientiertes Denken. Probleme auf den Tisch zu bringen hilft in einer produktiven Phase nicht sonderlich.
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